Romain Febvre stürzte beim MXGP von Spanien schwer, blieb aber unverletzt.

Romain Febvre stürzte beim MXGP von Spanien schwer, blieb aber unverletzt. / Foto: SevenOnePictures

Der Weltmeister-Titel ist im Motocross so ziemlich das Größte, was ein Fahrer gewinnen kann. 2023 muss man sich allerdings die Frage stellen: Will keiner Weltmeister werden?

Die Fragestellung ist natürlich etwas provokant gewählt. Mea Culpa! Man hätte diese Frage auch zur 450er-Klasse in den USA stellen können. Doch bleiben wir im MXGP.

Coppins dominierte & ging leer aus

Am Ende kackt die Ente! Das weiß so gut wie jeder, besonders jedoch Josh Coppins. Der Neuseeländer schraubte 2007 mit fünf Grand-Prix-Siegen und einer unglaublichen Überlegenheit seinen Vorsprung in der Meisterschaft auf fast uneinholbare 100 Punkte an. Das sind ganze zwei Grands Prix, die Josh hätte aussetzen können und er immer noch Tabellenleader gewesen wäre.

Blöd nur, dass der Kiwi sich beim zwölften GP in Loket das Schulterblatt brach und ganze drei Grands Prix verpasste. Am Ende wurde Josh „nur“ Dritter und Steve Ramon erbte, ohne auch nur einen einzigen Rennsieg einzufahren, den WM-Titel! Das gab es noch nie. Seinen ersten Titel in der 125er-Klasse (2003) holte Ramon übrigens nur, weil Stefan Everts damals erst nach einigen Rennen anfing alle drei Klassen zu fahren und jedes Rennen in der MX2 zu gewinnen. Damals gab es nur einen Lauf pro Klasse.

Ist Geerts kein Titelfahrer?

Apropos Ramon. Der Belgier ist seit einigen Jahren der Trainer von Jago Geerts und böse Zungen würden nun sagen: „Geerts will auf keinen Fall Weltmeister werden.“ Das liegt vor allem daran, weil er immer wieder stürzt. Der Yamaha-Pilot ist 2021 fast 30 Mal in den Wertungsläufen gestürzt. Wie will man so einen Titel holen?

2023 ist zwar klar zu erkennen, dass der 23-Jährige diese oftmals kleinen und unnötigen Stürze deutlich reduziert hat, dennoch verpasste er nach seinem Sturz und Bruch des Handgelenks in Frankreich zwei Grands Prix. Völlig überraschend trat Geerts bereits nach drei Wochen in Teutschenthal wieder an. Der Belgier wusste zu der Zeit vielleicht schon, dass der damalige Tabellenleader auch verletzt war.

Ein Wolf ohne Zähne

Kay de Wolf hatte in Abwesenheit von Geerts in Lettland die Maximalpunktzahl und damit auch die Tabellenführung eingesackt. Zwei Tage vor dem Teutschenthal Grand Prix stürzte der Niederländer heftig im Training und ging mit sichtbaren Schmerzen im Fuß an den Start.

Bereits nach den ersten Metern auf dem Kurs war zu sehen, dass die Pfote lahmt und das Wölfchen sich durchs Wochenende quälen musste. 21 Punkte Ausbeute von möglichen 60 sind unter den Umständen entsprechend gut, dennoch, ist er die Tabellenführung wieder los.

Deutsche Hoffnung

Zwar noch ohne Red Plate in dieser Saison, dafür aber mit einem überragenden Doppelsieg in Spanien, unterwegs war Simon Längenfelder. Der Deutsche hatte sich noch über den Triumpf auf der iberischen Halbinsel gefreut, als auch er beim Training kurz danach zu Boden ging und sich den Arm brach. Seit diesem Mittwoch sitzt Simon wieder auf dem Bike.

Die MX2-Klasse bleibt dennoch mehr als spannend, denn Andrea Adamo führt mit nur 13 Punkte vor Thibault Benistant und weiterern vier Punkten vor de Wolf. Roan Van de Moosdijk auf Platz vier ist mit 60 Punkten Rückstand auf Adamo schon etwas weiter entfernt.

MXGP: Immer wieder Herlings

Auch bei den Big Boys, den großen Jungs, den Männern mit fast halben Liter Hubraum unter sich, ist die Titelverweigerung ein Thema. Traditonell denkt man dabei direkt an Jeffrey Herlings. Immer wieder war der Niederländer in seiner Karriere verletzt und verpasste 2022 sogar komplett. Das macht es noch unglaublicher, dass der KTM-Pilot mit seinen 103 GP-Siegen trotzdem die meisten aller Zeiten hat. Stell dir vor, wie viele er ohne seine Verletzungen hätte holen können.

Nun denn. Aktuell ist Jeffrey das jüngste Opfer des Favoriten-Monsters. Am vergangennen Wochenende stürzte der „The Bullet“ im Zweikampf mit Prado, brach sich einen Wirbel und fällt mindestens für die beiden kommenden GP in Indonesien aus.

Es wird einen neuen Champ geben

Bereits vor der Saison hat sich der aktuelle Titelverteidiger verabschiedet. Tim Gajser galt jahrelang als Gummi-Mann, als Mister Unverwüstlich und nicht kaputt zu kriegen. Der Slowene hatte immer wieder spektakuläre Abflüge, blieb aber fast immer unverletzt. Beim Triple-Step-Up-Mega-Sprung in Arco blieb er davon aber nicht verschont. Im Pre-Season-Race dort stieg Gajser spektakulär ab und lies die Täume seiner Honda-Truppe mit einem Oberschenkelbruch schneller platzen als die Seifenblasenbläser am Kölner Dom. Gajser sitzt seit kurzem wieder auf seinem Bike und wir können davon ausgehen, dass er diese Saison wieder ans Gatter rollt.

Monster ohne Zähne

Nach etwas durchwachsenem Saisonstart hatte sich Maxime Renaux in Frauenfeld und Arco zum ernsthaften Titelkonkurrenten gemausert. Der Traum für den ehemaligen MX2-Weltmeister war allerdings unter der spanischen Sonne ausgeträumt. Der Franzose musste das Quali-Race vorzeitig abbrechen, da er sich ohne zu stürzen den Fuß brach. Seitdem verweist seine Factory-Yamaha im Paddock.

Sein Team-Kollege Jeremy Seewer ist eigentlich Mister Zuverlässig. Der Schweizer hat noch nie einen MXGP-Grand-Prix verpasst, Wahnsinn! Seit 2018 ist der Fan-Liebling auf der 450er unterwegs und quasi nie verletzt. Zwar verpasste Seewer auch diese Saison noch keinen GP, aber seine Stürze und kuriose Fehler häuften sich vor allem zu Saisonbeginn. Der 28-Jährige hat zwar immer ein Lächeln im Gesicht, aber man merkt, dass ihm das zu schaffen macht.

Ähnlich agiert der letzte Mann in unserer Liste. Romain Febvre war heuer oft in aussichtsreicher Position, stellte sich aber oft selbst ein Bein. Mit 106 Punkten Rückstand auf Jorge Prado ist der Zug bereits abgefahren, oder?