Sacha Coenen: Hitzkopf im Höhenflug

Sacha Coenen gewann zuletzt den Grand Prix in Lettland und unterstrich seine derzeitige Konstanz.

Sacha Coenen gewann zuletzt den Grand Prix in Lettland und unterstrich seine derzeitige Konstanz.

Kaum ein Fahrer der MX2-Weltmeisterschaft polarisiert derzeit so sehr wie Sacha Coenen. Der junge Belgier aus dem Red Bull KTM Factory Team zählt zweifellos zu den spektakulärsten Piloten im Feld – und das nicht nur wegen seines rohen Speeds. Sechs Podestplätze in seiner MX2 Karriere unterstreichen sein Talent, doch ebenso häufig sorgten heftige Stürze für Stirnrunzeln im Fahrerlager. Mit nur 55 Kilogramm Körpergewicht und einem aggressiven Fahrstil galt Coenen lange als Wundertüte: entweder ganz vorne – oder im Streckenrand.

Ein neuer Rhythmus

Doch seit einigen Rennen scheint sich das Bild zu wandeln. Aus dem einstigen Sturzpiloten ist ein stabiler Punktsammler geworden. Während Coenens Fahrweise früher häufig mit der Erwartung verknüpft war, dass der 18-Jährige ein Rennen selten auf der Position beendet, auf der er gestartet ist, spricht man jetzt plötzlich von Konstanz, sieht man vom Ausrutscher in Teutschenthal mal ab, der eher den Streckenbedingungen geschuldet war. Die Frage, die sich viele stellen: Was hat diesen Wandel ausgelöst?

Technik als Schlüssel

Wie Recherchen nahelegen, liegt der Schlüssel zur neuen Stabilität weniger beim Fahrer selbst, sondern vielmehr in seinem Arbeitsgerät. Offenbar hat man sich bei KTM intensiv mit den besonderen körperlichen Voraussetzungen Coenens auseinandergesetzt – speziell mit seiner Größe und seinem extrem niedrigen Gewicht. Das Ergebnis: Ein speziell auf ihn zugeschnittenes Motorrad.

Zwar hält man sich bei KTM offiziell bedeckt, doch im Paddock ist längst die Rede von weitreichenden Modifikationen an der KTM 250 SX-F. Neben einem angepassten Hilfsrahmen soll auch der Hauptrahmen, das Fahrwerk und vieles mehr überarbeitet worden sein, um das Fahrverhalten an die Bedürfnisse Coenens anzupassen. Der Effekt: mehr Kontrolle, weniger Fehler – und deutlich weniger Stürze.

Der große Lohn in Lettland

Beim MXGP of Latvia in Kegums setzte Sacha Coenen ein weiteres Ausrufezeichen: Mit starkem Start, gewann er den ersten Lauf vor Simon Längenfelder und wurde im zweiten Rennen, dank Sturz von Simon Langenfelder, Zweiter. Damit sicherte er sich zum dritten Mal in seiner Karriere den Gesamtsieg bei einem Grand Prix – und das nach einem 1-2-Ergebnis, das seine neue Konstanz unterstreicht.

Auch in der Statistik glänzt der Belgier: Bereits neun Holeshots in dieser Saison stehen auf seinem Konto – dreimal mehr als bei jedem anderen Fahrer. 

Unsportlicher Ausrutscher

Sacha Coenen Kegums
Sacha Coenen bei der Zieldurchfahrt in Kegums

Doch nicht alles lief rund. Nach dem Zieleinlauf des ersten Laufs zeigte sich Coenen von einer weniger professionellen Seite. Direkt nach dem Überqueren der Ziellinie drehte er sich demonstrativ um und gestikulierte provokativ – womöglich in Richtung Simon Längenfelder. Eine Geste, die im Fahrerlager für Kopfschütteln sorgte. Ob persönliche Animositäten oder Renndynamik den Auslöser lieferten, ist unklar – weder Coenen noch Längenfelder äußerten sich bislang. Eine Strafe gab es für die Szene nicht.

Die Szene legt nahe, dass sich zwischen den beiden ein neuer Konkurrenzkampf entwickelt – einer, der möglicherweise über die gesamte Saison hinweg für Zündstoff sorgen könnte.

Ein Coenen 2.0?

Ungeachtet der Tatsachen über einen aufkeimenden Zoff, zeigt sich, was wie ein kleines technisches Detail begann, könnte sich im Kampf um weitere Podien als entscheidender Faktor erweisen. Denn Coenens Grundspeed war nie das Problem – seine größte Schwäche lag in der Konstanz und der mentalen Reife. Mit dem neu abgestimmten Bike und wachsendem Selbstvertrauen entwickelt sich der Belgier nun zu einem echten Siegfahrer. Die Konkurrenz wird ihn weiterhin genau im Blick behalten.

Denn eines ist klar: Wenn Coenen seine Form konservieren kann, wird man sich bald nicht mehr fragen, ob er ins Ziel kommt – sondern auf welcher Stufe des Podiums.