Mölln – Greutmann vs. Prugnieres: Wir haben nachgefragt

Beim ADAC MX Masters in Mölln gerieten Nico Greutmann (rechts) und Quentin Prugnieres (links) aneinander
Das ADAC MX Masters in Mölln brachte sportlich zwei neue Gesichter ganz nach vorne: Mads Fredsoe gewann erstmals den ADAC MX Youngster Cup, Noah Ludwig holte sich seinen ersten Gesamtsieg in der ADAC MX Masters-Klasse. Während an der Spitze gefeiert wurde, sorgte ein Zwischenfall im Youngster Cup für Aufregung – und eine Diskussion über Fairness und Härte im Rennsport.
Zweikampf mit Folgen: Greutmann und Prugnieres disqualifiziert
Im zweiten Lauf des ADAC MX Youngster Cup kam es zum umstrittenen Duell zwischen Nico Greutmann (Cat-Moto Bauerschmidt Husqvarna) und Quentin Prugnieres (WZ Racing). Greutmann setzte ein hartes Manöver am Ende der Boxengasse, überholte den Franzosen, drängte ihn dabei aber leicht nach außen. Prugnieres konterte in der nächsten Kurve mit einem Blockpass – Greutmann stürzte und verletzte sich offenbar am Knie. Die Rennleitung wertete den Vorfall als unsportlich und disqualifizierte beide Fahrer.
Greutmann´s Teammanager kritisiert Entscheidung: „Fehlurteil“
André Stumpf, Teammanager von Cat-Moto Bauerschmidt Husqvarna, zeigte wenig Verständnis für das harte Urteil. „Meiner Meinung nach war das eine Fehlentscheidung. Klar war Kontakt da – von beiden Seiten – aber weder Nicos Manöver noch der Blockpass von Quentin waren unfair oder gefährlich“, so Stumpf. „Das Umdrehen, das kurze Warten, das war vielleicht ein Tick drüber – aber auch noch im Rahmen.“
Besonders ärgerlich sei aus seiner Sicht, dass der Sturz von Greutmann vermutlich nicht einmal direkt durch den Kontakt verursacht wurde: „Nico hatte einfach Pech. So wie es aussieht, hat nicht das Motorrad sein Knie erwischt, sondern er hat beim Abstützen einfach unglücklich den Fuß aufgesetzt.“ Für Stumpf ist klar: „Das hatte nichts mit einer Disqualifikation zu tun – die Entscheidung war falsch.“
Nico Greutmann selbst konnte sich bislang nicht zu dem Vorfall äußern. Nach dem Rennen trat er direkt die Heimreise in die Schweiz an, um sein Knie, das beim Sturz in Mitleidenschaft gezogen wurde, medizinisch untersuchen zu lassen.
„That’s Racing“ – WZ-Teamchef sieht keine Verfehlung
Waldemar Zichanowisch, Teamchef von WZ Racing, schlägt in die gleiche Kerbe. Für ihn war die Strafe „viel zu heftig“. „Die Jungs hatten einen Zweikampf, wie er in diesem Sport völlig normal ist. Es war nichts Wildes – solche Kontakte passieren bei jeder Veranstaltung. Am Ende ist einer gestürzt, ja, aber das war keine Szene, die eine Disqualifikation rechtfertigt.“
Zichanowisch betont, wie emotional und adrenalingeladen der Sport ist: „Die Jungs sind im Renntempo, haben Puls 190, da agieren sie aus dem Instinkt. Da gibt’s keinen kühlen Kopf – das ist Reaktion. Und genau so war es hier auch: Nico wollte vorbei, Quentin hat gekontert. Hinterher haben sich beide die Hand gegeben. That’s racing.“
Kritik äußert er auch in Richtung Veranstalter: „Wenn der ADAC solche engen Strecken zulässt, die kaum Überholmöglichkeiten bieten, dann provoziert man solche Szenen. Es ist ein Leistungssport, die Jungs wollen gewinnen und sich behaupten – da wird’s eben auch mal härter.“ Für Zichanowisch liegt die Verantwortung nicht allein bei den Fahrern.
Prugnieres wehrt sich: „Nichts Gefährliches, nur ein Pass“
Quentin Prugnieres zeigte sich nach dem Rennen fassungslos über die Entscheidung. „Die Disqualifikation in Mölln – das war nicht fair“, erklärte der Franzose. Er schilderte die Situation aus seiner Sicht: „Er hat mich vor der Kurve getroffen, ich habe die Linie wieder geschnitten und ihn blockiert. Es war nicht schnell, nichts Gefährliches. Es war nur ein Blockpass. Nichts passierte.“
Für den WZ-Racing-Piloten ist das Urteil nicht nachvollziehbar – auch im Vergleich zu anderen Szenen an diesem Wochenende. „Gestern wurde mein Teamkollege von einem anderen Fahrer hart angegangen (gemeint war der Zwischenfall von Maxime Grau und Lyonel Reichl), das hätte gefährlich werden können. Aber da ist nichts passiert. In meinem Fall wurde ich disqualifiziert. Ich finde das einfach unfair.“
Henry Jacobi schaltet sich ein: „Beweis für Unfähigkeit der Entscheidungsträger“
Auch Henry Jacobi, Gewinner des ADAC MX Masters 2018, meldete sich zu Wort. Er kritisierte die Entscheidung der Rennleitung scharf und bezeichnete die Disqualifikation in Mölln als „wieder einmal einen Beweis für die Unfähigkeit der Entscheidungsträger“. Damit sprach er sicherlich vielen Fans aus der Seele.
Harte Manöver oder zu viel Risiko?
Die Strecke in Mölln, vom MSC Mölln bestens vorbereitet, bot nur wenige Überholmöglichkeiten – viele Fahrer schilderten, dass es in den Zweikämpfen entsprechend ruppig zuging. Greutmanns Versuch, innen vorbei zu gehen, war hart, aber im Bereich des Üblichen. Auch Prugnieres’ Blockpass passte aus Sicht vieler Insider zum sportlichen Bild des Wochenendes. Dennoch zog die Rennleitung die Notbremse – laut ADAC-Racedirector Marcel Dornhöfer wegen des Sturzes: „Wären beide Fahrer weitergefahren, hätten wir von einer Disqualifikation abgesehen.“
Ein sportlicher Rückblick und ein nostalgischer Seitenhieb
Prugnieres kritisierte nicht nur die Entscheidung, sondern auch die Entwicklung im Motocross generell. „Heute spricht jeder davon, dass es früher besser war, als Männer Männer waren. Da hat man sich hart bekämpft, es war viel Spaß. Aber jetzt – wenn etwas passiert, weint jeder darüber.“ Für ihn sei klar: „Ich war noch nie in so einer Situation. Es ist einfach seltsam – und ungerecht.“
Ob diese Episode in den kommenden Tagen nachwirkt, bleibt abzuwarten. Klar ist: Während Fredsoe und Ludwig ihren ersten großen Triumph feiern, steht der Motocross-Sport einmal mehr vor der Frage, wie viel Härte erlaubt sein sollte – und wo Fairness endet.