Chase Sexton und die Frage: Sind 31 Rennen zu viel?

Chase Sexton - Zurück auf der KTM. / Foto: Align Media
Nach RedBud ist er zurück – körperlich erholt, mental gefestigt. Doch der Weg dahin war steinig. Chase Sexton, amtierender Supercrocross-Champion, hat in einem offenen Interview mit Lewis Phillips erklärt, warum er die Outdoor-Rennen nach Hangtown ausließ – und warum die Saison 2025 nicht nur sportlich, sondern auch physisch und mental an die Substanz geht. „I needed a break!“
Sein Statement wirft eine zentrale Frage auf, die längst mehr ist als ein Fahrerlager-Flurfunk: Sind 31 Rennen in einer Saison zu viel des Guten?
Volle Kraft im Supercross – leer im Motocross
Sexton hatte sich viel vorgenommen für die Pro Motocross Saison 2025. Nach dem verpassten Titel im Supercross, wollte er die Titelverteidigung bei den Outdoors angehen. Doch nur zwei Rennen nach dem SX-Finale war die Luft bereits raus. Schon vor dem Saisonstart der Outdoor-Serie hatte er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, nichts Akutes, aber hartnäckig. In Hangtown verlor er im Rennen die Brille, stürzte und war angeschlagen. Spekulationen über eine schlimmere Verletzung machten die Runde. Für ihn war einfach klar: Es musste eine Pause her.
Er habe schon während der Supercross-Saison einige Dinge mit sich herumgeschleppt, körperlich wie mental. Nach Hangtown war es dann an der Zeit, sich rauszunehmen. Er habe eine Phase gebraucht, um sich zu erholen, Abstand zu gewinnen – und sich selbst neu auszurichten.
Es war ein klarer Schnitt – und offenbar ein notwendiger. Supercross sei brutal gewesen. 17 Wochen durchgehend, kein Luft holen, immer auf Anschlag. Er sei unvorbereitet in die Outdoors gestartet, obwohl er motiviert war. Doch letztlich habe er gemerkt: So geht’s nicht weiter.
Zurück zu den Wurzeln – und zur alten Stärke
Während andere Fahrer Punkt um Punkt sammelten, arbeitete Sexton im Hintergrund. Physische Reha, technische Tests, mentale Reset-Phasen. Das Team sei zu ihm gekommen, man habe verschiedene Setups ausprobiert, sich am Material von 2024 orientiert. Die Devise: zurück zu dem, was funktioniert hat. Das Comeback in RedBud – solide mit den Plätzen fünf und vier – war kein Feuerwerk, aber ein stabiles Fundament.
Er habe die Pause genutzt, um sich zu sortieren. Jetzt wolle er sehen, wo er steht – mit Blick nach vorn, aber auch mit einem bewussteren Umgang mit Belastung.
31 Rennen, drei Serien, kaum Verschnaufpause – wo liegt die Grenze?
Sextons Aussagen stehen exemplarisch für eine wachsende Diskussion im Fahrerlager. Denn was als SuperMotocross-Offensive begann – mit dem Ziel, Supercross, Nationals und Playoffs unter ein gemeinsames Dach zu bringen – hat auch Schattenseiten. 31 Rennen in einem Jahr: Das ist nicht nur ein logistischer Kraftakt, sondern vor allem eine physische Zerreißprobe.
Wer beides gewinnen will – Hallen- und Outdoorsaison – braucht eine Formkurve über fast neun Monate. Doch Training, Reisen, Medienverpflichtungen und Materialentwicklung lassen kaum Lücken. Viele Piloten sprechen inzwischen offen darüber, dass man entweder im Supercross glänze oder draußen – aber beides in Topform durchzuziehen sei fast unmöglich.
Für Sexton ist genau das der Knackpunkt. Er habe gespürt, dass ihm die Power fehlte – und die Vorbereitung. Es sei hart, zwischen den Disziplinen zu wechseln, ohne echten Aufbau, ohne Durchatmen. Das Ergebnis: Verletzungen, mentale Müdigkeit, Formeinbrüche.
Zwischen Glanz und Grenze – was der Sport jetzt braucht
Chase Sextons ehrlicher Einblick ist mehr als nur ein persönliches Zwischenfazit – es ist ein Spiegelbild der gesamten Szene. Die AMA SuperMotocross Championship will Spektakel liefern – und tut es. Doch hinter dem Hochglanzformat steckt ein Terminkalender, der auch Topstars an ihre Grenzen bringt.
Die Frage nach der Belastbarkeit des Systems wird bleiben. Und je mehr Fahrer wie Sexton Klartext reden, desto drängender wird sie. Denn eines zeigt sein RedBud-Comeback auch: Der Körper mag regenerieren – aber echtes Comeback-Potenzial entsteht nur dann, wenn auch der Kalender Spielraum für Menschlichkeit lässt.