Rückblick und Neuanfang: Evgeny Bobryshev
Die Sanktionen der FIM und AMA gegen russische Fahrer haben in den letzten gut drei Jahren deutliche Spuren hinterlassen und sorgen dafür, dass die Fahrer andere Wege gehen müssen. In unserer kleinen Serie „Rückblick und Neuanfang“ zeigten wir euch, wie Vsevolod Brylyakov mit der derzeitigen Situation umgeht. Nun möchten wir euch den ehemaligen HRC-Factory-Piloten Evgeny Bobryshev näherbringen, den wir ebenso kontaktierten und zur vorherrschenden Situation befragten.
Bobryshev mischte lange Jahre in der Weltelite des Motocross mit und ist seit den FIM Sanktionen gezwungen neue Wege zu gehen. Trotz der Einschränkungen hat der ehemalige MXGP-Pilot einen Weg gefunden, weiter auf hohem Niveau zu fahren – und sich sogar als Champion zu etablieren.
Neue Wege: Von Großbritannien nach Russland
Nach den verhängten Sanktionen konnte Evgeny Bobryshev weder in der MXGP noch in der AMA an den Start gehen. Doch statt sich entmutigen zu lassen, suchte der nun 37-Jährige nach Alternativen. „Ich bin eine Saison in Großbritannien gefahren, aber danach bin ich mit meiner Familie in die USA gezogen,“ erzählt er. Allerdings sei auch dort die Teilnahme an Rennen nicht möglich gewesen.
Seine neue sportliche Heimat fand er schließlich in Russland, wo er seit Kurzem für das Team MMT antritt – ein ambitioniertes und professionelles Projekt, das mit GasGas-Bikes an den Start geht. „Es ist ein großartiges Team auf Top-Niveau. Wir hatten eine erfolgreiche Saison, und ich konnte sogar Meister werden,“ berichtet Bobryshev stolz.
Herausforderungen in Russland
Motocross in Russland entwickelt sich langsam, doch die Sanktionen erschweren den Sport erheblich. Besonders der Zugang zu Motorrädern und Ersatzteilen stellt eine Herausforderung dar. „Es ist schwierig, Teile hierher zu bekommen, und auch Zahlungen ins Ausland sind nicht möglich,“ erklärt er. Dennoch sieht er auch positive Entwicklungen: „Motocross wächst hier Stück für Stück.“
Leben zwischen zwei Welten
Obwohl Bobryshev nun in Russland fährt, hat er tiefe Wurzeln in den Niederlanden. Fast zwei Jahrzehnte lebte er dort, und seine Frau sowie seine Kinder besitzen die niederländische Staatsbürgerschaft. „Ich habe auch einen niederländischen Pass,“ verrät er. Während der Rennsaison in Russland mietet er jedoch ein Haus vor Ort.
Die Rolle der FIM
Die Restriktionen der FIM sieht Bobryshev kritisch. Er verweist auf andere Sportarten, bei denen russische Athleten unter neutraler Flagge antreten dürfen. „Die FIM sollte darüber nachdenken, so etwas zu ermöglichen. Es ist ein großes Problem, dass ich nicht nur bei der AMA und MXGP ausgeschlossen bin, sondern auch bei lokalen Rennen in anderen Ländern,“ so Bobryshev. Ein Beispiel hierfür sei die kanadische Meisterschaft, bei der er beinahe starten konnte, bevor die FIM intervenierte.
Interessanterweise beschrieb uns Bobryshev, dass er 2022 noch eine britische Lizenz erhalten hatte, die ihm die Teilnahme an Rennen hätte ermöglichen sollen, wie uns auch Michael Kramp vom DMSB diese Regelung für Deutschland bestätigte. Doch laut Bobryshev untersagte die FIM die Nutzung der britischen Lizenz für Rennen im Ausland.
Ein Blick in die Zukunft
Obwohl er einige Rennen in Europa vermisst, hat Bobryshev seinen Frieden mit der Situation gemacht. „Die MXGP vermisse ich nicht, aber einige europäische Rennen schon,“ sagt er. Auf die Frage, ob er in die USA oder nach Europa zurückkehren möchte, antwortet er: „Die USA würde ich mögen, aber jetzt ist es zu spät.“
Ein Fahrer, der nicht aufgibt
Evgeny Bobryshev ist wie auch sein Kollege Brylyakov ein Beispiel dafür, wie man trotz widriger Umstände Erfolg haben kann. Mit seinem Team MMT hat er sich in Russland etabliert und gezeigt, dass er immer noch auf Top-Niveau fahren kann. Gleichzeitig bleibt die Frage, wie die Zukunft für russische Fahrer im internationalen Motocross aussehen könnte. Bobryshev jedenfalls beweist, dass man sich durch Entschlossenheit und Leidenschaft auch von Sanktionen nicht bremsen lassen muss.