Marcel Stauffer: Ein Schritt zurück, zwei vor?

Marcel Stauffer überrascht in der MX2 Weltmeisterschaft mit Top 10 Ergebnissen

Marcel Stauffer überrascht in der MX2 Weltmeisterschaft mit Top 10 Ergebnissen

Zuletzt war es etwas ruhiger geworden um den ADAC-Youngster-Champion von 2021, Marcel Stauffer. Der Österreicher zeigte unlängst aber mit zwei wirklich beeindruckenden Auftritten bei den Grands Prix in Teutschenthal und Loket, dass er durchaus zu den besten MX2-Racern in Europa zu zählen ist. Zeit also, mal nachzufragen beim in der Nähe von Salzburg beheimateten 22-Jährigen.

Hallo Marcel. Glückwunsch zunächst mal zu den beiden tollen Top-Ten-Ergebnissen bei sicherlich starker Konkurrenz in Deutschland und Tschechien.

Dankeschön! Und ja, das fühlt sich wirklich gut an, mit unserem zwar recht kleinen, aber feinen Set-up mit all den Werks-Piloten mithalten zu können.

Man sieht es dir förmlich an, dass du aktuell wieder richtig Spaß am Racing hast. Das war in jüngster Vergangenheit scheinbar ja nicht immer so. Vielmehr erscheinen die knapp zwei Jahre zwischen Youngster-Cup-Titel und nun dem Top-Ten-WM-Speed eher der sprichwörtlichen Achterbahnfahrt zu entsprechen.

Ja, das kann man vielleicht tatsächlich so beschreiben, das Jahr 2022 hatte ich mir jedenfalls ganz anders vorgestellt, keine Frage.

Dann nimm uns doch mal mit auf die Reise und lass uns ins Jahr 2021 zurückspringen. Nach dem Cup-Gewinn nach einer beeindruckend starken Youngster-Saison hattest du doch bestimmt jede Menge Angebote, oder?

Ja, die gab es tatsächlich. Entscheidend für mich war zu dem Zeitpunkt aber, dass ich unbedingt auf dem Zweitakter bleiben wollte. Mit der Unterstützung von KTM – als Testfahrer verfüge ich sozusagen über mein eigenes Material – bin ich schließlich in der bewährten Struktur geblieben. In der Wintervorbereitung lief zunächst alles nach Plan und ich fühlte mich bereit für die EMX250-Saison. Doch ausgerechnet direkt vor dem Auftakt in Mantova erwischte mich Covid und das hatte mehr Auswirkung auf meine körperliche Verfassung als ich mir das zunächst eingestehen wollte.

Ohne vernünftiges Training und mit einer „Augen-zu-und-durch“-Einstellung ging aber rein gar nichts und die Rennen waren ein einziger Graus. Beim folgenden Rennen in Portugal hatte ich mir dann weniger Druck gemacht und prompt klappte es schon deutlich besser. Mein eigentliches Ziel war aber zu diesem Zeitpunkt die MX2-WM. Nachdem ich mit der 250er beim EMXOpen-Lauf in Arco gar nicht mal so schlecht abgeschnitten hatte, kam das Angebot von Waldemar Zichanowisch, für sein WZ-Team zu fahren.

Dafür musstest du aber Abschied vom Zweitakter nehmen, richtig?

Nicht nur vom Zweitakter, auch die Option, die eigenen Bikes zu verwenden war da natürlich vom Tisch. Aber klar, um in die MX2-WM zu gelangen, war dies natürlich der richtige Weg. Also legte ich meine Arbeit als Testfahrer bei KTM auf Eis, zog nach Norddeutschland zum Team und der erste Einsatz sollte in Maggiora noch ein letztes Mal in der EMX250 sein. Was soll ich sagen, noch in Maggiora hatte ich erneut das Vergnügen mit dem Corona-Virus und dieser unglückliche Einstieg war irgendwie sinnbildlich für die weitere Zeit bei WZ. Ich hätte gerne weiter auf meine Erfahrungen als Test-Pilot zurückgegriffen, zum Beispiel meine Settings übernommen, aber das wollte einfach nicht zusammenpassen.

Zweimal Covid, dazu noch zwei kleinere Verletzungen, die Wechsel von Team und Motorrad: vielleicht war das einfach alles zu viel. Man möchte es dennoch irgendwie erzwingen, aber meistens wird es dann noch schlechter. Letztlich waren die Ergebnisse enttäuschend und so waren gleichermaßen dem Team als auch mir klar, dass diese Episode schnell wieder enden würde.

Marcel Stauffer beim MXGP of Trentino 2023, , Pietramurata / Foto: SevenOnePictures
In den Dolomiten beim MXGP of Trentino 2023.

Wie ging es dann weiter?

Ich hatte dann im Herbst mit Kosak-KTM verhandelt und wir waren schon bei einer guten Lösung für eine komplette EMX250-Saison angelangt, bei welcher sich sogar meine Arbeit bei KTM hätte einbinden lassen und ich endlich wieder auf meine eigenen Motorräder hätte zurückgreifen können. Doch dann kam die Regeländerung und ich war plötzlich zu alt für die EMX. Wir haben zwar noch versucht, ein WM-Paket zu schnüren, aber dieses war finanziell deutlich anspruchsvoller und da habe ich letztendlich abgesagt und nach Plan B geschaut.

Plan B bedeutete: zurück in die Heimat?

Genau, back to the roots sozusagen. KTM hat mich Gott sei Dank sofort wieder aufgenommen und seit letztem Winter arbeite ich mehr oder weniger Vollzeit als Testfahrer. Zudem ist es von meinem Zuhause nur ein Katzensprung zum Werk in Mattighofen.

In Anlehnung an unsere Headline also quasi erstmal „zwei Schritte zurück“, bevor es 2023 und 2024 wieder aufwärts gehen soll?

Joa, kann man vielleicht so sagen, aber die Sache mit der WM habe ich weiter fest im Blick. Für die Saison 2023 haben wir eine wirklich feine Struktur geschaffen. KTM-Schruf ist ein in Österreich sehr gutes und etabliertes Team. In dieser familiären Struktur kann ich meine Bikes wieder nach meinen Vorlieben einsetzen und als Doppelstarter läuft es sowohl in der MX2-ÖM als auch ÖM-Open bestens. Im Winter hatten wir geschaut, welche WM-Termine in die Lücken der ÖM passen und zudem vom Aufwand und damit Kosten her gut leistbar wären. In Arco lief es noch nicht ganz so perfekt, aber Teutschenthal und Loket haben mir gezeigt, dass ich tatsächlich auf diesem hohen Level mithalten kann. Ich bin mir sogar sicher, dass da noch einiges an Luft nach oben ist, denn vom Fitnessgrad bin ich noch lange nicht wieder da, wo ich 2021 schonmal war.

Ich erinnere mich, du warst der mit Abstand fitteste im Feld und „nach hinten raus“, wie man so schön sagt, konnte dir keiner mehr folgen.

Während meines Sportstudiums habe ich mich intensiv in die Trainingslehre eingefuchst und ich gestalte mein physisches Training selbst, habe also keinen Trainer. Aktuell bin ich aber so sehr mit der Testarbeit beschäftigt, dass ich nicht so trainieren kann, wie ich es eigentlich möchte. Von der Fitness her ist da sicherlich noch einiges mehr möglich. Andererseits profitiere ich von den vielen Stunden im Sattel bei der Testerei, mein Fahren ist sicherlich besser geworden. Von den Rundenzeiten her war ich ja sogar sehr nah an den absoluten Top-Leuten dran, aber für die 30 plus 2 auf diesem Level muss ich sicherlich wieder mein Pensum erhöhen.

Wagen wir einen Blick in die Glaskugel: Unter welchem Team-Zelt wirst du dein höheres Pensum demnächst leisten?

Zunächst mal möchte ich festhalten, dass ich aktuell sehr glücklich mit der Situation bei Schruf und bei KTM bin. Ich kann nicht verhehlen, dass wir diebischen Spaß dabei hatten, mit unserem Minimal-Line-up – zwei Leute, kleiner Transporter, Easy-up-Zelt – den einen oder anderen Werks-Piloten hinter mir zu lassen. Mein Ziel bleibt es aber weiterhin, eine komplette WM-Saison, mindestens aber die Europa-GP zu bestreiten. Dafür müsste ich aber Unterschlupf in einem großen Team finden, mit den derzeitigen Möglichkeiten wäre dies nicht zu leisten. Nach den Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit wünsche ich mir zudem, dass ich weiterhin „mein“ Material in der neuen Konstellation fahren kann, KTM ist bei diesen Entscheidungen natürlich auch mitbeteiligt. Schauen wir mal, wo die Reise hingehen wird…

Vielen Dank für die offenen Worte und viel Erfolg beim Verfolgen deiner Ziele.

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