KTM-Krise: Jetzt schlagen die Zulieferer Alarm!
Am vergangenen Freitag stellte der KTM einen Insolvenzantrag beim Landesgericht Ried und löste damit Verunsicherung bei Angestellten, Zulieferern, Händlern und Kunden aus. Mit Verbindlichkeiten in Höhe von bis zu 1,8 Milliarden Euro gehört die Insolvenz des Unternehmens zu den größten in Österreich. Doch die Tragweite dieses finanziellen Desasters wird noch dramatischer. Auch die Tochterfirmen KTM Components GmbH und KTM Forschung und Entwicklung GmbH meldeten Insolvenz an, was die Gesamtschulden des Firmengeflechts auf ca 2,9 Milliarden Euro ansteigen lassen könnte.
Massive Auswirkungen auf Zulieferer
Die KTM-Insolvenz trifft nicht nur den Hersteller selbst, sondern vor allem dessen Zulieferer. Besonders in Oberösterreich, wo viele dieser Unternehmen zu Hause sind, ist die Lage brenzlig, wie das Industriemagazin mitteilte. Von den insgesamt 1,8 Milliarden Euro Schulden entfallen zwar „nur“ 360 Millionen Euro auf offene Forderungen gegenüber Zulieferern, doch für viele kleinere und mittelständische Betriebe ist das existenzbedrohend.
Die RT Group, ein Kunststoffhersteller aus Oberösterreich, erzielt die Hälfte ihres Umsatzes mit KTM. Das Unternehmen meldete bereits an, 40 bis 50 Mitarbeiter vorübergehend zu kündigen, nachdem KTM offene Forderungen von 4 Millionen Euro nicht begleichen konnte. „Je mehr Zeit vergeht und je mehr Zeit wir zum Rechnen haben, desto dramatischer entwickelt sich das Ganze“, sagte Geschäftsführer Roland Tiefenböck gegenüber dem Ö1-Morgenjournal.
Auch der älteste Zulieferer von KTM, die Schmiede Stubai KSHB, muss mit drastischen Kürzungen rechnen. So erwartet das Unternehmen, dass bestenfalls die Hälfte der bisherigen Aufträge eingehen werde und so 25 Mitarbeiter wohl ihren Job verlieren werden.
Ebenfalls schwer getroffen ist das eng mit KTM verbundene Design-Studio Kiska – Stefan Pierer hält die Hälfte der Anteile. Das Unternehmen hat ebenfalls verlauten lassen, dass es infolge der KTM-Krise in Anif gegebenenfalls zu einem Stellenabbau kommen kann. Die Situation bezüglich der KTM AG sei herausfordernd für alle Beteiligten, schreibt Firmengründer Gerald Kiska. „Um auf die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten angemessen reagieren zu können, sahen wir uns gezwungen, 40 Mitarbeiter im Rahmen des Frühwarnsystems anzumelden.“
Hoffnung und Herausforderungen in der Rennsportdivision
Von der Krise auch betroffen ist die Rennsportabteilung von KTM, die in den letzten Jahren als Aushängeschild des Unternehmens galt. Trotz der Erfolge – allein 2024 holte KTM 13 WM-Titel – steht eine deutliche Reduktion der Aktivitäten bevor. Die Marken GasGas und Husqvarna sollen im Rennsportbereich zurückgefahren werden, und die Zahl der Werksfahrer wird deutlich reduziert. Bei der kommenden Rallye Dakar werden nur noch drei Werksfahrer antreten, statt wie bisher sechs.
Größter Einschnitt ist das Ausbleiben der Entwicklungsarbeiten für die MotoGP Saison 2027. Neue technische Vorschriften, die für 2027 geplant sind – darunter auf 850ccm reduzierte Motoren und große Änderungen an der Aerodynamik – erfordern erhebliche Ausgaben für die Entwicklung einer neuen Maschine. Pit Beirer teilte bereits mit, dass diese Projekte auf Eis liegen, während die finanzielle Situation des Unternehmens unklar bleibt.
Ob ein solches Szenario auch für die Teams der Motocross Weltmeisterschaft oder amerikanischen Rennserien eintreffen wird, ist zur Zeit nicht bekannt.
Ein Blick in die Zukunft
Innerhalb von 90 Tagen soll das Unternehmen gemeinsam mit seinen Gläubigern einen Plan entwickeln, um die finanzielle Schieflage zu beheben. Doch der Preis für den Neustart ist hoch: Bis zum Jahresende sollen 500 weitere Jobs gestrichen werden. Damit setzt sich der Stellenabbau aus dem Jahr 2024 fort, in dem bereits mehrere Hundert Mitarbeiter das Unternehmen verlassen mussten.
Während die finanziellen Details geklärt werden, stehen neben den Angestellten der KTM AG, auch Zulieferbetriebe vor ungewissen Zeiten. Branchenexperten warnen, dass KTM erst der Anfang einer größeren Krise sein könnte. Die Frage, ob der traditionsreiche Hersteller in neuer Form wieder aufersteht oder ob ein Großteil seiner Wertschöpfung ins Ausland abwandert, wird die europäische Wirtschaft noch lange beschäftigen.
Es bleibt zu hoffen, dass KTM und seine Zulieferer einen Weg aus der Krise finden.