Jorge Prado kämpft mit seiner Kawasaki

Jorge Prado beim Thunder Valley National 2025.

Jorge Prado beim Thunder Valley National 2025. / Foto: Align Media

Vom MXGP-Dominator zum US-Rookie: Für Jorge Prado verläuft der Start in die AMA Pro Motocross-Saison 2025 alles andere als leicht. Drei Runden sind gefahren – und der amtierende MXGP-Weltmeister sucht in der amerikanischen 450MX-Klasse noch seinen Rhythmus.

Sein Motorrad? Mehr Schildkröte als Rakete – zumindest im Moment. Doch was darf man in dieser Phase wirklich erwarten?

Zwischen Titelglanz und Realität

Die Vorschusslorbeeren waren groß: Als zweifacher MXGP-Champion und einer der besten Sandfahrer der Welt wechselte Prado im Winter zu Monster Energy Kawasaki und wagte den Sprung in die US-Serie. Schon im Vorfeld der Saison wurde heftig darüber diskutiert, wie sich der Spanier auf den für ihn neuen amerikanischen Strecken schlagen würde – und ob er tatsächlich mit Stars wie Jett Lawrence mithalten kann.

Ein Blick auf die bisherigen Resultate zeigt: Noch nicht.

  • Fox Raceway: 7-6 für Platz sechs
  • Hangtown: Platz neun
  • Thunder Valley: Platz 13
  • aktuell: Platz acht in der Meisterschaft

Kein Desaster – aber auch kein Ergebnis, das seiner europäischen Dominanz gerecht wird.

Die große Baustelle: die „Grüne Schildkröte“

Was bremst Prado? Zuallererst: seiner Meinung nach, die Kawasaki. Nach nur vier Wochen Vorbereitung auf der Kawasaki stand er zum Saisonstart am Gate.

„Wir sind noch weit weg vom perfekten Setup. Aber wir machen Fortschritte. Ich habe Vertrauen, dass wir das Bike ans Ziel bringen werden“, erklärt Prado.

Gerade bei den Starts, traditionell eine Stärke des Spaniers, hapert es aktuell gewaltig: „Das ist momentan ein großes Problem. Es hängt alles mit dem Setup zusammen. Ich habe in der Vergangenheit immer sehr gute Starts gehabt, weil ich wusste, wie ich die Power optimal einsetzen kann. Momentan klappt das noch nicht – wir kämpfen auch während der Rennen damit.“

Dabei weiß Prado ganz genau, was er braucht – und was aktuell fehlt: „Für meinen Fahrstil brauche ich ein Bike mit Power. In Highspeed-Sektionen, etwa auf den Bergpassagen, fühlt sich die Kawasaki schon sehr gut an. Das Bike bleibt da sehr stabil, was mir gefällt. Aber in anderen Bereichen sind wir aktuell noch sehr schwach.“

Der Frust schwingt mit, doch das Vertrauen bleibt: „Ich sage dem Team: Kommt, lasst uns was machen. Ich will nächste Woche vorne im Rennen sein.“

Zwischen Selbstvertrauen und Lernprozess

Dass er sich nicht direkt in der Spitze etabliert, akzeptiert Prado – ohne seinen Ehrgeiz zu verlieren. „Ich hatte mir mehr erhofft. Aber realistisch gesehen war es klar, dass wir kämpfen würden. Ich komme von einer Verletzung, und ich habe noch nie Outdoor-Rennen auf der Kawasaki bestritten.“

Ein weiteres Hindernis sieht der 24-Jährige bei der eingefahrenen Routine seiner Konkurrenten: „Die Leute, die vorne fahren, sitzen seit Jahren auf dem gleichen Bike. Ich habe erst ein paar Wochen mit dem Kawasaki-Setup gearbeitet. Es ist einfach noch eine Frage der Zeit.“

Gleichzeitig bleibt sein Mindset unverändert: „Ich gehe an das Gate und denke: Ich will vorne starten und losfahren. Daran hat sich nichts geändert. Es geht nur darum, das richtige Setup zu finden.“

Direkter Sprung ins Haifischbecken

Während viele internationale Piloten ihren US-Einstieg klassisch über die 250MX-Klasse vorbereiten, wagte Prado gleich den direkten Sprung ins 450er-Haifischbecken. Stars wie Marvin Musquin, Tom Vialle, Dylan Ferrandis oder die Lawrence-Brüder nutzten mehrere Jahre in der 250er-Klasse, um sich an das US-Racing heranzutasten.

Prado hingegen verzichtete auf diese Stufe – und zahlt nun zumindest in der Anfangsphase den Preis dafür. Die 450MX-Klasse ist hochkarätig besetzt: Ein Top-10-Ergebnis ist hier alles andere als selbstverständlich.

Was darf man von Prado erwarten?

Genau hier schließt sich der Kreis: Was ist in dieser Phase realistisch? Wer erwartete, dass Jorge Prado sofort an der Spitze mitfährt, wird derzeit enttäuscht. Dafür fehlen schlicht die US-Erfahrung, das Vertrauen zum neuen Motorrad und die Streckenkenntnis.

Was hingegen sinnvoll ist:

  • Top-10-Ergebnisse stabilisieren
  • Lernkurve konsequent verfolgen
  • Bike und Rhythmus Stück für Stück anpassen

Prado selbst bleibt überzeugt: „Ich werde 100 Prozent für Siege kämpfen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wir wissen, woran wir arbeiten müssen – und wir werden es erreichen.“

Aktuell bremst Prado seine „grüne Schildkröte“ noch spürbar ein, doch wer die Erwartungen anpasst und den Lernprozess akzeptiert, wird feststellen: Das echte Abenteuer für Jorge Prado in den USA hat gerade erst begonnen.

Und die Schildkröte? Sie könnte mit der richtigen Entwicklung bald verdammt schnell werden.