Die deutschen Fahrer wurden von zahlreichen Fans angefeuert.

Die deutschen Fahrer wurden von zahlreichen Fans angefeuert. / Foto: SevenOnePictures

Beim MXGP in Teutschenthal gab es ganz besonders in der Königsklasse eine lange nicht mehr da gewesene Deutsche Invasion in der WM. Von keiner anderen Nation fuhren bei diesem Grand Prix mehr Fahrer in den Punkten.

Und das lag nicht etwa an dem in der WM viel zu oft vorkommenden geringen Starterzahl: Am Samstag fuhren in der MXGP 34 Piloten auf den legendären Track im Talkessel. Mit dabei 8 deutsche Fahrer – das hat es in diesem Jahrtausend noch nicht gegeben!

Der Grund ist sicher auch auf die Senkung der Startgebühr von 1.000 auf 300 Euro zurückzuführen, die 2023 eingeführt wurde. Dennoch muss zum erhofften Effekt der vollen Starterfeld sagen, dass dieser Versuch bisher besonders auf Sardinien, in Portugal, Spanien und Kegums nicht aufging. Auch hier wurde von nahezu leeren Gattern gestartet.

Das Zugpferd blieb im Stall

Zurück zu unseren deutschen Jungs. Das derzeitige Zugpferd aus der WM war leider nicht am Start. Simon Längenfelder verletzte sich bekanntlich nach seinem furiosen MX2-Doppelsieg beim spanischen GP und hatte bis zuletzt gehofft, im Talkessel wieder starten zu können: „Leider hat es für meinen Heim-GP noch nicht gereicht, er kommt etwas zu früh.“

Samstag: Quartett im Formationsflug

Die Kohlen, für die motivierten Fans, mussten die Anderen aus dem Feuer holen. Bereits am Samstag gab es die erste kleine Überraschung, als Tim Koch mit der 13 schnellsten Zeit der schnellste Deutsche war. Im anschließenden Quali-Rennen fand quasi eine innerdeutsche Meisterschaft im MXGP-Race statt. Die beiden Koch-Brüder, Henry Jacobi und Max Spies fuhren ab Rennmitte auf der 14. Position zeitweise wie im Formationsflug hintereinander her und ins Ziel.

Die 25.000 Fans kamen allerdings am Sonntag richtig auf ihre Kosten, denn die local heros lieferten ab. Bereits zur Einführungsrunde drehten die Fichtenmopeds bis in den Begrenzer und eine Pyro-Show sorgte für emotionale Bilder, bei denen selbst die meisten Ultras im Fußball-Stadion neidisch sein dürften. Sogar Ken Roczen schaute auf der anderen Seite des Planeten live zu und schickte digitalen Support per Insta an seine heimischen Brüder im Geiste.

Top-Ten für Vlog und Podcast-Meister ToKo

Tom Koch zeigte sich in beiden Läufen als derzeit stärkster Fahrer und setzte seinen Aufwärtstrend fort. Der Kosak-Pilot beendete beide Läufe als starker Zehnter: „Wie ich schon am Freitag gesagt habe, waren die Top-10 das Ziel. Die sind es nun geworden, was mein bestes Saisonergebnis 2023 ist. Damit kann ich definitiv zufrieden sein.“ Hört sich nüchtern an, aber ToKo war sichtlich happy.

Maximilian Spies (71), Tim Koch (86), Henry Jacobi (29), Tom Koch (226)

Greift Tim doch nochmal in der WM an?

Weitaus überraschender war die Perfomance seines älteren Bruders Tim Koch. Der Thüringer überzeugte bereits am Samstag im Quali-Training, setzte aber am Sonntag noch richtig einen drauf. Nach Rang 15 im ersten Moto, wuselte sich Timmy nach solidem Start durch die ersten Kuven und kam als Achter das erste Mal über den langen Zielsprung geflogen.

Die eigentliche Sensation fand aber erst in den nächsten Runden statt, denn der Husky-Pilot fuhr das erste Drittel des Rennens absolut zurecht auf der siebten Position, so dass selbst sein Bruder Tom überrascht war: „Ich war ganz erschrocken, als ich Tim auf 7 oder 8 vor mir fahren sah.“

Am Ende steht mit dem 15/12-Ergebnis Tagesrang 13 zu Buche. Tim’s Fazit: „Mein Wochenende war geil! Der heutige Sonntag hat auf den gestrigen Samstag aufgebaut. Brutal! Es war ein geiles Gefühl auf Platz sieben beim Heim-Grand-Prix zu Fahren … Ich hätte das nie erwartet, total geil!“

Henry war angeschlagen

Drittbester Deutscher war Henry Jacobi. Der erfahrenste aktive deutsche WM-Pilot derzeit reiste mit imensen Schulterproblemen an, die er sich sowohl in Fürstlich Drehna beim Saison-Auftakt zuzog, als auch vergangene Woche beim GP in Kegums.

Dennoch brannte der Junioren-Weltmeister von 2010 im ersten Heat eine heiße Sohle aufs Pakett. Trotz der Schulterprobleme kämpfte sich Henry nach mäßigem Start auf die wunderbare 12. Position ins Ziel und kann damit absolut zufrieden sein. Im zweiten Durchgang lag Jacobi bereits auf der 15. Position, musste zum Rennende aber vemutlich seinen Umständen Tribut zollen und kam dennoch als 19. ins Ziel. Gute Besserung, Henry!

5 Fahrer in den Punkten

Mit den 8 Punkten von Max Spies (18/16) und 2 Punkten von Nico Koch (19/22) sind die 5 deutschen Fahrer mit Punkte-Ausbeute komplett. Auch das hat es in diesem Jahrtausend noch nicht gegeben! Ebenfalls am Start war Noah Ludwig, der im ersten Moto als 21. knapp die Punkte verpasste. Den zweiten Lauf beendete er wie Paul Habeland in beiden Läufen vorzeitig. Philipp Klakow beendete sein GP-Abenteuer ebenfalls vorzeitig.

MX2: Simon gab Autogramme, Peter brillierte

Simon Längenfelder war trotz Verletzung vor Ort, gab fleißig Autogramme und feierte mit den Fans. Sportlich gesehen musste der GasGas-Werkspilot dabei zuschauen, wie Peter König wohl alle überraschte und seine ersten WM-Punkte holte. In Lauf 1 finishte er bereits als 19. und bestätigte im zweiten Rennen seinen Spitznamen „Maschine“. Der Brandenburger arbeitete sich von 21 vor auf 17 und heimste insgesamt 6 Punkte ein.

Fan-Support war außergewöhnlich

Mindestens 50 Punkte haben sich hingegen die deutschen Fans verdient. Nachdem es in den letzen Jahren nach dem Abgang von Ken Roczen doch etwas ruhiger im Talkessel wurde, hat sich dies am vergangenen Wochenende definitiv gewendet. Auch wenn unsere Jungs nicht ums Podium gefahren sind, war der Support mit Fichtenmopeds, Fahnen und Pyro so unglaublich gut, dass dies jeder Fahrer ausdrücklich erwähnte. Chapeau!

Nun stellt sich noch die Frage, warum wir nicht immer so viele deutsche Piloten in der WM dabei haben. Klar wurde das Nenngeld von 1.000 auf 300 gesenkt, die Wahrheit ist aber auch, dass man als Fahrer auch weniger Tickets zur Verfügung als zuvor hat und dort wieder Geld ausgeben muss. Zudem entstehen für einen GP weitere Kosten wie Mitarbeiter, Hotel und Sprit. Und was bekommt man dafür? Am vergangenen Sonntag Ruhm und Ehre der Fans, bei anderen WM-Rennen eine lange Heimfahrt mit guten Erinnerung.

Ps: Wo war eigentlich Max Nagl? Und muss Tim Koch nun in den erweiterten MXoN-Kader aufgenommen werden?