Wird Jett Lawrence den Fahrstil im Motocross verändern?
Jett Lawrence dominierte in seiner Rookie-Saison die 450ccm Klasse der AMA Pro Motocross Serie. Er gewann diese mit unglaublichen 22 Siegen bei 22 Läufen. Bei diesem Niveau der Dominanz müssen sich andere Fahrer fragen, ob der von Lawrence genutzte Fahrstil der Grund dafür ist.
Die letzte große Revolution kam von James Stewart.
Der Stil von James Stewart hatte den Sport buchstäblich weiterentwickelt. Als Stewart 2002 im Alter von nur 16 Jahren Profi wurde, zeigte er eine Technik, die im Motocross bis dahin unbekannt war. Er fuhr weit vorne auf dem Motorrad, was ihn bei unerwarteten Situationen zwar anfälliger für Stürze machte, ihm aber erlaubte flacher zu Springen und sein Hinterrad wieder früher auf den Boden zu bringen. Das bedeutete, dass er sein Bike schneller wieder beschleunigen konnte und so einen Vorteil gegenüber anderer Piloten hatte. Wie machte er das? „Bubba“ ließ sein Bike beim Absprung übers Vorderrad seitlich wegrutschen und absorbierte dadurch die Kraft, die sonst ins Fahrwerk ging und dessen Rebound dazu führte, dass der Fahrer höher springt. Diese Technik wurde „Bubba Scrub“ genannt und ist heute Standard im Motocross.
Weiterentwicklung von Roczen
Eine sehr effiktive Weiterentwicklung des Scrubs legte Ken Roczen zu Beginn seiner Profi-Karriere an den Tag. Der Deutsche scrubte dabei zwar nicht so krass flach und tief wie es Stewart einst tat, dafür machter er aber bei nahezu jedem Sprung eine kleine und schnelle Scrub-Bewegung, die ihm in Summe einer Runde einen Vorteil verschaffte. Heute ist dies bei Kenny kaum noch zu beobachten, was vermutlich an seinen beiden heftigen Arm-Verletzungen liegt, denn danach war diese spezielle Technik nur noch selten von ihm zu sehen. Scruben, whipen und schnell fahren kann der Suzuki-Pilot allerdings immernoch!
Doch was macht nun den Stil von Jett Lawrence aus?
Lawrence fuhr mit seiner Honda fast spielerisch um die Tracks der US Nationals und beeindruckte nicht nur die Konkurrenz, auch den Medien blieb sein ruhiger und scheinbar gelassener Fahrstil nicht verborgen. Jett Lawrence steht im Verhältnis zu anderen Piloten viel öfter auf dem Bike, was er mit der Zusammenarbeit mit Stefan und Harry Everts begründet.
„Ich habe auch ein bisschen von Stefan und Harry Everts gelernt. Das hat mir sehr geholfen, mehr zu stehen. Es ist einfacher, ein Bike im Stehen zu fahren. Diese Tage in Lommel machen einen müde, aber ich bin jetzt stark genug“, so der HRC Pilot.
Zusätzlich beobachteten wir, dass Jett Kurven enger schnitt und weniger mit durchdrehenden Hinterrädern zu kämpfen hatte als seine Konkurrenten. Auch sein Hang, Bremswellen teils als Absprungkanten zu nutzen, um sich so einen gewissen Vorteil zu verschaffen, brachten ihm wertvolle Sekunden.
Wir sprachen unter anderem mit André Stumpf von der Pro Sports Alliance über dieses Thema und uns wurde schnell bewusst, dass auch Trainingsfacilities wie dei PSA ein Auge in Richtung Lawrence geworfen haben.
„Ja, Jett verändert den Fahrstil im Motocross, vor allem durch die mediale Aufmerksamkeit. Prado macht zum Beispiel seit Jahren viele Sachen sehr ähnlich. Das wird aber einfach nicht so gepusht in den Medien und manchmal fehlt ihm die letzte Konsequenz, um so dominant wie Jett zu sein„, so Stumpf auf die Frage ob Jett Lawrence den Fahrstil im Motocross verändern wird.
Weiter sagte er, „Was für uns als Coaches positiv ist, durch Jett den Nachweis zu haben, dass gewisse fahrtechnische Punkte funktionieren und schneller sind, auch wenn es sich im ersten Moment komisch und langsamer anfühlt. Allerdings ist bei dem ganzen Hype nicht zu vergessen, dass dieser Fahrstil nicht zu 100 % bei allen Fahrern funktioniert und man seinen individuellen Weg finden muss.“
Liegt es doch nicht am Fahrstil?
Neben Andre von der PSA haben wir auch noch Jef Janssen nach einem Statement zu der Frage „Wird Jett Lawrence den Fahrstil im Motocross verändern?“ gebeten. Der Niederländer bestätigte uns zwar wie Jett selbst auch, dass er die Technik von Everts hat, doch sieht er dafür nicht den Hauptgrund seines Erfolges.
„Jett’s Fahrstil ist nicht neu und auch nicht besser als der von Stefan Everts. Die Lawrence-Brüder hatten in Australien einen alten Lehrmeister Namens Greg Moss, der ihnen früh gezeigt hat, was gut ist und was nicht. Jett hat einen Fahrstil, der offen für Gechwindigkeit ist: Er fährt viel im Stehen, passt auf seine Fußstellung auf, auf seine Körperposition, sein Kopf ist immer frisch – ähnlich wie Everts und das hat er auch von ihm gelernt.“
Zudem führt Janssen an: „Der Unterschied zu vielen anderen Fahrern liegt aber für mich in der Erziehung seines Vaters Darren. Darren war sehr hart zu seinen Jungs. Sie haben alles für dieses Ziel geopfert, waren und sind sehr diszipliniert und wollen es unbedingt. Das ist zu 70% der Grund für seinen Erfolg. Vom Motorradfahren her ist es nichts besonderes, man muss es nur machen und es sich angewöhnen. Jett hat das gemacht und ist mental extrem stark geworden, was meiner Meinung nach alles hauptsächlich an seiner Erziehung und Familie liegt.“
Egal ob Jett nun einen Fahrstil hat oder diesen von Stefan Everts wieder aufwärmt wie Oma die Suppe von gestern – der Erfolg gibt ihm recht. Stellt sich nur die Frage, wie es nun weitergeht? Oder wie hätte es ausgehen, wenn alle Fahrer vollkommen fit an den Start gegangen und Lawrence mehr unter Druck gesetzt hätten? Letzteres werden wir wohl erst in der nächsten Saison erleben, wenn die Karten neu gemischt werden, Jett mehr Druck bekommt und Supercross weniger Fehler verzeit.
Ach und apropos Druck von anderen Fahrern: Wenn Jett’s Technik so überlegen ist, dann müsste er auch easy das MXoN gewinnen, oder? Was sind eure Gedanken zu Jett’s Technik und schreibst sie unten in die Kommentare.