Mitch Evans spricht mit uns über sein Supercross Comeback

Mitch Evans war in der Zeit seiner MXGP Karriere unter anderem Werkspilot bei HRC

Mitch Evans war in der Zeit seiner MXGP Karriere unter anderem Werkspilot bei HRC

Mitch Evans kehrt nach einer sechsjährigen Pause zurück in die Supercross Rennszene und wagt sein Comeback beim 40. Supercross Dortmund. Der ehemalige MXGP Werksfahrer bei HRC und Kawasaki blickt auf eine Karriere voller Herausforderungen und wertvoller Erfahrungen zurück.

In diesem Interview spricht er offen über seine Beweggründe, wieder ins Rennen zu gehen, seine körperliche Vorbereitung und die Zusammenarbeit mit dem Luke’s Racing Team. Zudem teilt er mit uns, wie er die Entwicklungen im Supercross-Sport der letzten Jahre sieht und was er sich für seine Rückkehr erhofft. Ein spannendes Gespräch über Comebacks, persönliche Lektionen und die ungebrochene Leidenschaft für den Sport.

Nach einer sechsjährigen Pause – was hat Dich dazu motiviert, Dein Comeback im Supercross zu geben, und warum hast Du Dich für das Event in Dortmund entschieden?

Schon als Kind träumte ich davon, Supercross in Amerika zu fahren. Ich bin damit aufgewachsen, die Rennen in Amerika im Fernsehen zu sehen, und hatte keine Ahnung von MXGP oder Rennen in Europa. Ende 2018 wollte ich unbedingt Australien verlassen, um im Ausland Rennen zu fahren. Europa war das einzige Angebot, das ich hatte. Also nahm ich es an, in der Hoffnung, dass es mich eines Tages zu Supercross-Rennen in Amerika führen würde. Allerdings hatte der Manager, den ich während meiner Zeit als MXGP-Fahrer hatte, kein Interesse daran, mich nach Amerika zu bringen, sodass sich für mich keine Gelegenheit ergab, dorthin zu gehen.

Letztes Jahr war ich mit meiner Frau als Fan in Dortmund und ich war von der Atmosphäre im Stadion mit den deutschen Fans begeistert. Das erinnerte mich an meine Zeit als Fahrer bei den AUS X Open in Australien. Als Fahrer habe ich mir letztes Jahr natürlich vorgestellt, wie es sich anfühlen würde, an diesem Event teilzunehmen. Als sich die Möglichkeit ergab, dieses Jahr mit Luke’s Racing Team zu fahren, war ich natürlich interessiert.

Mitch Evans als Kawasaki Werrkspilot beim MXGP in Lettland im Jahr 2023
Mitch Evans – 2023 als Kawasaki Werrkspilot beim MXGP in Lettland

Wie hast Du Dich körperlich und mental auf Dein Comeback vorbereitet? Gab es besondere Herausforderungen, wieder in Wettkampfform zu kommen?

Im Moment habe ich nicht die Fitness, die ich gerne hätte. Abseits des Motorrads ist es nicht so schlimm, da ich während meiner einjährigen Pause weiter trainiert habe, nur nicht so konsequent wie zu meiner Zeit als Vollzeit-Rennfahrer. Aber Fitness abseits des Motorrads und auf dem Motorrad sind zwei völlig verschiedene Dinge.

Da ich im September 2023 mit dem Rennsport aufgehört habe und bis zum Rennen in Dortmund voraussichtlich nur etwa 14 Tage zum Fahren komme, davon 11x Supercross, werde ich höchstwahrscheinlich nicht die Fitness haben, die ich normalerweise vor einem Rennen anstrebe. Aber deshalb gehen wir das Wochenende mit der Einstellung an, Spaß zu haben und die Atmosphäre zu genießen.

Was sind Deine persönlichen Ziele für das Supercross in Dortmund? Strebst Du einen Platz auf dem Podium an, oder steht für Dich das Erlebnis im Vordergrund, wieder Rennatmosphäre zu spüren?

Hätte ich mehr Zeit auf dem Bike gehabt, um mich vorzubereiten, würde ich auf das Podium zielen. Realistisch gesehen gehe ich jedoch angesichts der begrenzten Zeit, die ich vor der Veranstaltung auf dem Bike verbringen werde, ohne Erwartungen an die Sache heran – abgesehen davon, die Atmosphäre zu genießen, die deutschen Fans zu treffen und aus jeder Trainingseinheit auf der Strecke zu lernen, woran ich arbeiten muss, wenn ich 2026 um das Podium fahren möchte.

Mitch Evans als Mitglied des australischen MXoN Teams in Red Bud
Mitch Evans – 2022 als Mitglied des australischen MXoN Teams in Red Bud

Wie bewertest Du Deine Zeit als Werksfahrer bei HRC und Kawasaki rückblickend? Welche Erfahrungen aus dieser Phase prägen Dich noch heute?

Ich glaube wirklich, dass ich aufgrund von Verletzungen und anderen Faktoren nie mein wahres Potenzial zeigen konnte. Auch wenn es nicht immer einfach war, kann ich auf meine Erfahrungen zurückblicken und bin dankbar für die Menschen, die ich kennengelernt habe, die Lektionen, die ich gelernt habe, und dafür, dass ich um die Welt reisen konnte, um das zu tun, was ich am meisten liebe. So schwierig meine Handgelenksverletzung auch war, hat die Reise, die sie mit sich brachte, meine gesamte Lebensperspektive verändert und mich als Person besser gemacht.

Gibt es besondere Highlights oder Lektionen aus Deiner Profikarriere, die Dir jetzt bei Deinem Comeback helfen?

Die Operation, die ich im Juli dieses Jahres hatte, hätte ich gleich nach meinem Handgelenksbruch im Jahr 2020 durchführen lassen sollen. Im Nachhinein ist es immer einfacher, und das ist etwas, woran ich immer wieder erinnert werde: Nicht in der Vergangenheit zu verweilen, sondern im Leben weiter voranzukommen. Denn das Leben geht weiter, ob man bereit ist oder nicht.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Luke’s Racing Team entstanden? Was hat Dich überzeugt, mit diesem Team für Dein Comeback zusammenzuarbeiten?

Ursprünglich wollte ich dem Sport etwas zurückgeben, indem ich ein paar Tage als Trainer arbeite, und sie haben meine Frau kontaktiert, um einen Termin für ein paar Trainingseinheiten zu vereinbaren. Dann kam die Frage: „Hey, würdest du gerne in Stuttgart fahren?“ Aber das war nur eine Woche später, und nach so langer Zeit ohne Rennen ergab das keinen Sinn. Außerdem war meine Lust, wieder Rennen zu fahren, nicht sehr groß.

Doch nachdem ich das Team getroffen, das Bike ausprobiert und festgestellt hatte, dass ich beim Fahren keine Schmerzen mehr hatte, kehrte die Lust auf Rennen zurück.

Ich habe ein gutes Gefühl mit dem Team, also sagten wir uns: „Lass es uns versuchen.“ Das Team glaubt an mich, übt aber keinen Druck auf mich aus, sodass ich das Gefühl hatte, dass es das perfekte Umfeld für mich ist, um wieder Rennen zu fahren und die Liebe wiederzufinden, die ich hatte, als ich ein Kind war und gerade erst mit dem Fahren angefangen hatte.

Mitch Evans 2022 als HRC Werkspilot beim Grand Prix auf Sardinien
Mitch Evans – 2022 als HRC Werkspilot beim Grand Prix auf Sardinien

Wie unterstützt Dich das Luke’s Racing Team bei Deiner Vorbereitung? Gibt es spezielle Maßnahmen im Bereich Technik oder Organisation, die den Unterschied machen?

Das Team unterstützt mich sehr und versorgt mich mit allem, was ich brauche, wofür ich sehr dankbar bin.

Wie hat sich der Supercross-Sport aus Deiner Sicht in den letzten sechs Jahren verändert, und welche Anpassungen werden für Dich notwendig sein, um wieder konkurrenzfähig zu sein?

Die Geschwindigkeiten sind viel höher und die Strecken schwieriger geworden. Da ich älter und weiser bin als bei meinem letzten Supercross-Rennen, weiß ich, dass ich ruhiger fahren und mir mehr Zeit nehmen kann, um Anpassungen vorzunehmen, anstatt etwas auszuprobieren, bevor ich sicher bin.

Ist das Supercross in Dortmund ein einmaliges Projekt, oder siehst Du es als ersten Schritt zu einer dauerhaften Rückkehr in den Sport, eventuell sogar weiterhin mit dem Luke’s Racing Team?

Wie gesagt, wir fahren ohne Erwartungen nach Dortmund und wollen einfach nur Spaß haben. Wir werden sehen, wie ich mich fühle, und danach eine Entscheidung treffen. Es besteht die Möglichkeit, dass mehr daraus wird.

Mitch Evans‘ Comeback beim Supercross Dortmund ist nicht nur ein spannender Moment für den Sport, sondern auch ein inspirierendes Beispiel für die Rückkehr nach Herausforderungen und langen Pausen. Mit einer klaren Vision, realistischen Erwartungen und der Unterstützung eines starken Teams blickt er zuversichtlich in die Zukunft – und wer weiß, vielleicht ist dies erst der Anfang einer neuen, aufregenden Phase in seiner Karriere.