Zwischen Euphorie und Ernüchterung – wohin steuert die SX Series?

Ein guter Start ist auch bei der Amateur SX Series wichtig
Die Vision war klar: Supercross nach amerikanischem Vorbild – auch für Amateure in Deutschland. Was mit Begeisterung und dem sprichwörtlichen „Wow-Effekt“ begann, steht nun am Scheideweg. Die SX Series, ins Leben gerufen von BENZIM, Backyard Design und dem ADAC Hessen-Thüringen, bringt aufwendig inszenierte Events auf deutsches Terrain – doch die Starterzahlen und die Resonanz werfen inzwischen ernste Fragen auf.
Ein Format mit Wucht – aber ohne Welle?
„Letztes Jahr hatten die Leute diesen WOW-Effekt“, sagt Benedikt Zimmermann, seines Zeichens Inhaber der Marke BENZIM, im aktuellen Mischbenzim-Podcast. „Das hatte man im Amateurbereich so noch nicht gesehen.“ Perfekt inszenierte Strecken, US-Flair, tolle Stimmung – es schien, als hätte Deutschland auf genau das gewartet. Doch ein Jahr später ist Ernüchterung spürbar: „Der erste Flash-Moment ist weg“, so Zimmermann weiter.
Die Folge: Zwar ist das Feedback der Teilnehmer durchweg positiv, doch immer mehr Fahrer sagen ab, die Nachwuchsklassen bleiben dünn besetzt. Besonders in der Jugend zeigt sich das Problem deutlich: „Wenn du eine 85er-Klasse mit maximal zwölf Startplätzen nicht voll bekommst – im zweiten Jahr – dann ist das ein Signal“, bringt es Jan Hoffmann auf den Punkt.
Supercross – eine Frage des Muts?
Ein zentrales Thema ist die Zurückhaltung vieler Fahrer – gerade im Jugendbereich. „Es geht nicht darum, dass Supercross gefährlich ist“, sagt Hoffmann. „Es geht darum, dass viele schlicht den Mut nicht aufbringen, etwas Neues zu wagen.“ Für ihn ist klar: „Den Leuten fehlt der Wille, sich auf dieses Format einzulassen – obwohl es eine riesige Chance ist.“

Tatsächlich ist Supercross technisch anspruchsvoller als klassisches Motocross. Die engen Kurse, Rhythmussektionen und Sprünge verlangen mehr als nur Fahrpraxis – sie erfordern Präzision, Körperbeherrschung und Trainingsmöglichkeiten. Und genau daran scheint es zu hapern: „Die SX-Strecken öffnen – aber es kommt niemand. Dann lohnt es sich nicht, sie offen zu halten.“
Trainingsmangel statt Talentmangel?
Ein Vorschlag: Geführte Trainings auf den Event-Strecken selbst – also dort, wo später auch Rennen stattfinden. „Wenn man Supercross erst einmal kennengelernt hat, sieht man, wie kontrolliert es abläuft. Die Geschwindigkeiten sind geringer als auf Outdoor-Strecken, das Risiko damit oft auch.“
Doch auch hier: Das Angebot müsste mit entsprechender Nachfrage wachsen. Vereine und Veranstalter stehen bereit, doch sie brauchen Planungssicherheit – und Rückhalt aus der Szene.
Preis-Leistungs-Verhältnis? Kaum zu toppen.
Was häufig in Diskussionen untergeht: Die SX Series bietet hohe Preisgelder und attraktive Gewinne – bei Nenngeldern, die auf Landesniveau liegen. „Wenn jemand sagt, es sei zu teuer, hat er vermutlich auch keinen Regionallauf bestritten“, meint Zimmermann trocken.
Zudem sei die Aufmachung einzigartig: „Von der Stimmung bis zur Optik – jede Veranstaltung ist ein Erlebnis. Aber allein Begeisterung reicht auf Dauer nicht, um ein Projekt wirtschaftlich tragfähig zu halten.“
Die große Frage: Warum fehlt der Zulauf?
„Wir haben ein Henne-Ei-Problem“, sagt Hoffmann. „Es gibt kaum Trainingsmöglichkeiten, weil die Nachfrage fehlt. Und es gibt keine Nachfrage, weil die Trainingsmöglichkeiten fehlen.“ Auch Ride Days – also offene Trainingstage direkt nach einem Rennen – werden kaum genutzt. Sechs Anmeldungen waren es zuletzt. Zu wenig, um die Kosten zu decken.
Die Veranstalter stehen unter Druck: „Wir wollen Lösungen finden. Aber wir müssen auch ehrlich sagen – so wie es jetzt läuft, können wir das auf Dauer nicht stemmen.“
Supercross braucht Mut – und Vertrauen
Die SX Series hat gezeigt, was im Amateur-Sport möglich ist. Doch zwischen Idee und Wirklichkeit klafft eine Lücke. „Es liegt nicht an der Begeisterung“, sagt Zimmermann. „Es liegt an der Bereitschaft, mitzumachen.“
Ist Deutschland bereit für Supercross? Vielleicht – aber es braucht mehr als eine geile Strecke und einen Livestream. Es braucht Vertrauen, Trainingsmöglichkeiten – und Fahrer, die bereit sind, über ihre Komfortzone hinauszugehen.
Denn eines ist klar: „Die Plattform steht. Jetzt liegt es an der Szene, sie zu nutzen.“