Willy Stephan: 21 Jahre und KTM-Werksmechaniker
Wie viele würden gerne in einem Werksteam fahren? – keine Ahnung. Wie viele würden gerne darin als Mechaniker schrauben? – mindestens einer: Willy Stephan
Der erst 21-jährige Brandenburger hat es ins Red Bull KTM-Werksteam geschafft, ohne die besten Rundenzeiten in den Acker zu hämmern. Nein, er ist seit seinen Teenager-Tagen der Mechaniker seines Bruders, hat sich jeden noch so winzigen Skill angeeignet und seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Als Trainingsmechaniker wird er im kommenden Jahr für niemand Geringeren als den MX2-Weltmeister von 2023 arbeiten und Andrea Adamo so hoffentlich wieder in Richtung Spitze befördern. Für uns eine willkommene Gelegenheit, den jungen Mann näher kennenzulernen und euch vorzustellen.
Hi Willy, supergeil, wieder einen neuen deutschen Mechaniker im WM-Paddock zu sehen. Uns interessiert als Erstes, woher deine Leidenschaft fürs Schrauben kommt und wann das Ganze anfing?
Also, mein Bruder Richard fährt Motocross und das auch nicht mal schlecht. Das ist auch der ausschlaggebende Punkt, warum ich damals mit dem Schrauben angefangen habe, denn bis zu meinem zwölften Lebensjahr habe ich Fußball gespielt. Irgendwann habe ich damit aber aufgehört, weil es schwierig war, die Familie immer so zu teilen. Eine Seite war beim MX, die andere beim Fußball. Ich habe dann schnell das Interesse am Schrauben gewonnen, weil mein Papa das immer gemacht hat.
Ich habe ihm das dann immer mehr abgenommen, mich da reingearbeitet, viel zugeschaut, abgeguckt, gelernt und mir immer mehr angeeignet. Ich hatte Spaß dabei, das Motorrad immer frisch hergerichtet zu haben, damit es perfekt aussieht. Schon damals habe ich zu KTM aufgeschaut, weil mein Bruder schon immer KTM gefahren ist.
Irgendwann hast du mal als „jüngster Mechaniker“ im Paddock Schlagzeilen gemacht. Ziemlich cool, oder? Wie ging deine Entwicklung weiter?
Das war sehr besonders, als ich mit 15 Jahren das Angebot bekommen habe, für Max Spies zu schrauben. Wir kennen uns durch meinen Bruder schon ziemlich lange. Max‘ Vater fragte mich irgendwann, ob ich nicht für Max schrauben wolle, und für dieses Vertrauen bin ich bis heute dankbar. Das war mein Einstieg in die GPs. Ich nahm mit 16 an meinem ersten WM-Lauf als Mechaniker teil und habe die Saison bei Maddi Racing durchgezogen.
Als er dann bei Fantic war, habe ich nur noch vereinzelt bei den Masters für Max geschraubt und mehr meinem Bruder geholfen. Für mich lag der Fokus in dem Jahr auf meinem Abitur, das ich erfolgreich bestanden habe. Im Jahr darauf habe ich mich in der Firma meines Vaters ausprobiert, aber ich konnte einfach nicht loslassen und habe 2024 bei SB-Racing angefangen.
Zurück in die Gegenwart: Du bist jetzt Werksmechaniker bei Red Bull KTM. Für viele ein Traumjob. Wie lief das alles ab? Wer ging auf wen zu und was waren die Voraussetzungen?
Das ist für mich ein Megatraum! Wie schon gesagt, fährt mein Bruder schon immer KTM, und das macht dann alles nochmal besonderer. Es hat sich spontan ergeben, wie das manchmal eben so ist. Über SB-Racing hat sich der Kontakt von unserem Fahrwerksmann und guten Freund zu Harry Norton (Teamchef Red Bull KTM 2024) ergeben. Wir beide haben uns gut verstanden, und es gab in der Türkei erste Gespräche, die in China konkreter wurden. Eine Woche nach dem China-GP wurde ich zu einem Test eingeladen und sollte zeigen, was ich kann.
Was soll ich sagen? Der Test verlief echt gut, und ich konnte überzeugen. Zwei Wochen später hatte ich in Österreich meinen ersten Arbeitstag.
Mit Andrea Adamo hast du auf jeden Fall einen hochkarätigen Fahrer und Ex-Champion, der sehr genau weiß, was er will. Wie kommt ihr zwei klar?
Ja, das stimmt. Andrea ist ein sehr hochkarätiger Fahrer, und wir beide kommen wirklich gut miteinander klar. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir beide gleich alt sind. Ich kann sehr gut mit ihm arbeiten, denn er weiß wirklich, was er will. Er war schon einmal Weltmeister und will es im besten Fall nochmal werden.
Er wertschätzt die Arbeit, die ins Bike gesteckt wird. Er will ein perfektes Motorrad und ist dafür dann auch sehr dankbar. So macht das Arbeiten Spaß. Das ganze Team bietet eine hohe Professionalität, und alles wird ernst genommen, was für Mechaniker und Fahrer sehr wichtig ist.
Du warst letztes Jahr bei GST Berlin und hast dann noch Jens Walvoort in der WM unterstützt. Jetzt bist du in einem Profiteam. Was ist der größte Unterschied?
Genau, ich habe wieder mit meinem Bruder bei GST Berlin zusammengearbeitet und bin am Ende der Saison bei Red Bull KTM gelandet. Die Unterschiede sind deutlich zu spüren. Abgesehen von den professionellen Strukturen bei KTM spielen auch die vorhandenen Materialien in höchster Qualität und Quantität eine Rolle. Auf jedes kleine Detail wird Wert gelegt, denn wir wollen in der WM ganz oben dabei sein, und das passiert nicht einfach so. Das kostet viel Arbeit, Schweiß, Zeit und Blut.
Alle Teammitglieder opfern sich da auf, und das merkt man einfach. Das Engagement ist einfach hoch und motiviert jeden anderen im Team. Das macht, denke ich, den größten Unterschied zu normalen WM-Teams aus, die sicher auch gute Strukturen haben und sich Mühe geben, aber wer Weltmeister werden will, muss die Extraprozent rausholen. Das gefällt mir und begeistert mich.
Thema Traumjob: Hast du ihn damit gefunden? Evtl. geht es für dich ja auch nach Argentinien, Indonesien, Australien etc.?
Dieser Traum geht mit diesem Team auf jeden Fall in Erfüllung. Als Kind hat man zu den Teams hinaufgeschaut und wollte irgendwie T-Shirts oder Numberplates ergattern, und jetzt ist man selbst in der Position, zu antworten, wenn Kids fragen, ob man was rausgeben kann. Das fühlt sich einfach mega an. Ich bin zwar Trainingsmechaniker, aber werde wohl alle GPs mitmachen. Ich darf nach Argentinien, Australien und Indonesien – ich sehe was von der Welt, was natürlich mega ist.
Aber nochmal zum Traumjob: Ich bin erst frisch 21 geworden und bin noch nicht am Ende meiner Karriere, sondern gerade erst am Anfang. Ich bin offen für das, was die Zeit bringt.
Ich möchte mich abschließend noch bei allen bedanken, von denen ich etwas lernen konnte, was ich jetzt anwenden kann. Ein sehr großer Dank geht an meine Eltern, die mich immer unterstützt haben und mir diese Position mitermöglicht haben!