Warum Jorge Zaragozas Stark Varg eine doppelte Hinterradbremse hat
Jorge Zaragoza mit seiner Stark Varg und zwei Bremssätteln am Hinterrad. / Foto: Thibault Photography
Bei der FIM Supercross World Championship (WSX) sorgte die Stark Varg von Jorge Zaragoza und Kelana Humphrey für Stirnrunzeln: Am Hinterrad saßen gleich zwei Bremssättel – ein Zweikolben- und ein Einkolben-System. Einige italienische Medien spekulierten schnell, dies sei eine Art „Kupplungsersatz“ für das Elektromotorrad. Doch diese Vermutung hält keiner technischen Prüfung stand.
Technischer Fakt statt Spekulation: Der zweite Bremssattel ersetzt keine Kupplung
Ja, Elektromotorräder wie die Stark Varg besitzen keine Kupplung. Nein, der zweite Bremssattel hat damit rein gar nichts zu tun.
Der Hintergrund ist viel nüchterner – und kommt nicht von Stark, sondern von der FIM, wie uns Insider mitteilten: So fährt Jorge Zaragoza seit über drei Jahren mit einer Handbremse am Lenker für das Hinterrad. Die FIM hingegen schreibt zwingend vor, dass jede Maschine über eine funktionstüchtige Fußbremse für das Hinterrad verfügen muss.
Das Ergebnis dieser beiden Realitäten ist simpel: Wer mit Handbremse fährt, muss zusätzlich ein vollwertiges Fußbremssystem haben.
Warum zwei Systeme notwendig wurden
Zaragoza und Humphrey fahren mit:
- einer Handbremse, die er seit Jahren nutzt
- einem Fußbremshebel, den das Regelwerk verlangt
Beide Systeme müssen unabhängig voneinander funktionieren – und genau deshalb montierte das Stark Future Racing Team zwei Bremssättel. Ein technischer Trick? Nein. Eine Pflichtlösung? Ja.
Mehr Technik bedeutet nicht automatisch mehr Vorteil
Interessant ist, dass dieses Doppelsetup zunächst Nachteile brachte. So berichteten uns Quellen, dass die hintere Bremsscheibe unter der zusätzlichen Belastung überhitzte. Zwei Bremssättel auf einer Scheibe – das ist thermisch kritisch. Die Folge: Die Bremsanlage wurde instabil und damit sicherheitsrelevant.
Erst beim Saisonfinale in Südafrika fand man eine tragfähige Lösung: Eine überarbeitete Konfiguration mit einer elektronisch gesteuerten Handbremse, die die Belastung besser verteilt und konstante Performance ermöglicht.
Kein geheimnisvoller Vorteil – nur die Konsequenz eines Regelwerks
Die doppelte Bremse ist nicht der Versuch, das Fehlen einer Kupplung auszugleichen. Sie ist auch keine versteckte Performance-Waffe. Sie ist schlicht das Ergebnis eines klaren Spannungsfeldes: Ein Fahrer, der seit Jahren erfolgreich mit einer Handbremse fährt. Ein Reglement, das eine vollwertige Fußbremse erzwingt. Eine technische Lösung, die beides gleichzeitig ermöglichen muss.
Kurz gesagt: Die Doppelbremsanlage ist kein Trick, sondern ein Kompromiss – notwendig, um regelkonform starten zu dürfen, ohne die individuelle Fahrtechnik des Piloten zu zerstören.
