Tanel Leok: The Estonian Express

Tanel Leok ist ein wahres Motocross-Urgestein.
Der Name Leok prägt die deutschen Ergebnislisten schon seit vielen Jahren. Jungs, die in den Sport hineingeboren wurden und das Adrenalin im Blut an die nächste Generation weitergaben. Diesmal war es jedoch kein Leok-Frischling, der Schlagzeilen machte, sondern Tanel Leok. Ja, dieser Tanel Leok: ADAC-MX-Junior-Cup-Champion, zweifacher Junior-Weltmeister, MXGP-Sieger und MX of Nations-Rekordteilnehmer. Zum Saisonfinale in Holzgerlingen stellte der Este sogar noch einen weiteren Rekord auf. Mit 40 Jahren ist er der älteste Teilnehmer, der jemals in einer MX-Masters-Gesamtwertung Punkte holte. Ich habe mir Tanel direkt nach dem dritten Lauf zum Gespräch geholt. Verschwitzt und mit Dreck im Gesicht, lässt er euch mit viel Herzblut in diesem exklusiven Interview tief blicken.
Hi Tanel, lass uns wissen, wie dein Jahr noch bis vor ein paar Wochen aussah:
Es war ein verrücktes Jahr. Ich habe überhaupt nicht geplant, Rennen zu fahren. Und am Ende bin ich Rennen gefahren. Normalerweise wären meine beiden Söhne gefahren, aber sie verletzten sich, und ich hatte plötzlich nichts mehr zu tun. Dadurch hatte ich mehr Zeit, um selbst wieder zu fahren. Ich fuhr aber nur wenige Rennen. Insgesamt saß ich vielleicht 15 Stunden auf dem Bike.
Warum entschiedst du dich, in Holzgerlingen zu starten?
Unser Teamchef Matthias Kiok von MX-Handel Husqvarna Racing hat mich gefragt, ob ich in der Masters-Klasse starten wolle. Ich mag die Strecke hier, und ich sagte ihm, dass ich mich bereit dafür fühle. Normalerweise wären meine beiden Söhne hier gefahren. Besonders schade ist es für Sebastian. Er war bis zu seiner Verletzung stark unterwegs im Youngster Cup.
Wie lief das Wochenende für dich und wie fühlst du dich jetzt nach den Rennen?
Ich hatte ein wenig Probleme, weil ich einfach aus dem Rennrhythmus bin und nicht viele Rennen gefahren habe. Am Anfang der Rennen war es schwer, die Balance zu finden, und die Schärfe hat gefehlt. Gegen Ende der Rennen, speziell im dritten Moto, fing es an, richtig Spaß zu machen. Ich fühlte mich immer wohler und wurde besser. Ich denke, Punkte zu bekommen, ist eine gute Sache. Mein Kopf sagte mir, dass ich mehr kann, wollte aber nicht das volle Risiko gehen. Am Ende bin ich happy.
Vor 25 Jahren wurdest du hier ADAC-MX-Junior-Cup-Champion. Was sind deine schönsten Erinnerungen, wenn du bis zu diesem Moment zurückblickst?
Auf jeden Fall die beiden Junior-Weltmeistertitel. Auch meine MXGP-Siege bedeuten mir sehr viel. Jede Teilnahme beim MX of Nations war ebenfalls besonders – und natürlich meine ADAC-Titel am Anfang meiner Karriere.
Du kommst also nächstes Jahr zurück und brichst neue Rekorde, oder hast du noch nichts geplant?
Nein, nein, es gibt noch keine Pläne, aber man weiß nie. Ich habe zugenommen und wieder mit dem Training angefangen. Ich mache Sport, ein bisschen dies, ein bisschen das, haha. Meine Jungs sollten bis dahin auch wieder fit sein und Rennen fahren. Das ganze Reisen während der Schulzeit ist echt anstrengend, aber Schule ist wichtig. Der einzige Plan ist es, mit meinen Kindern und MX-Handel Husqvarna Racing nächstes Jahr da weiterzumachen, wo wir aufgehört haben. Wenn das Team Hilfe braucht, könnte ich einspringen.
Aber ganz nach Retirement hört sich das nicht an?
Officially retired! Aber das bedeutet nicht, dass ich mich nicht mehr aufs Bike setze und keine Rennen mehr fahre. Ich liebe es, Motocross zu fahren. Aber keine Meisterschaften mehr. Ich will nur noch Spaß haben. Ich mag den physischen Teil am Sport. Wenn meine Kinder nicht fahren, werde ich viel fahren.

Du bist mit 22 Teilnahmen Rekordhalter beim MX of Nations. Wie gerne wärst du dieses Jahr wieder dabei gewesen, speziell bei einer Strecke wie Ironman?
Gerade jetzt, wo ich wieder in den Rhythmus komme, würde ich darüber nachdenken. Ich möchte aber den jüngeren Kids die Chance geben, Erfahrung zu sammeln. In den USA bin ich aber dabei und unterstütze das Team.
Zum Abschluss: Begleite uns in die Zukunft!
Ich möchte ein paar Motocross-Events veranstalten, bei denen man Gelder spendet, um schwer verunglückte Motocross-Fahrer zu unterstützen. Es gibt kaum Versicherungen, die Motocross abdecken. Das ist ein Problem, und ich hoffe, ich kann einen Teil zur Lösung beitragen.
Tanel Leok war der erste Fahrer mit zwei Junior-Weltmeistertiteln. Neben Tyla Rattray und Ben Townley gelang ihm der Durchbruch ins Top-Level der Motocross-Welt. Zum Ende der Zweitakt-Ära war er der einzig verbliebene Top-Level-Fahrer auf einem Zweitakter. Es folgten vier Jahre bei Factory-Kawasaki unter dem legendären Jan de Groot, Red Bull Yamaha de Carli, Factory-Suzuki und vielen weiteren Top-Teams, zahlreiche MXGP-Podien und drei Siege.