Sollten Schaufelreifen im Motocross verboten werden?

Der Gibson Scoopster könnte bei einem möglichen Verbot betroffen sein.

Der Gibson Scoopster könnte bei einem möglichen Verbot betroffen sein. / Foto: Gibson

In der US-Motocross-Szene kocht derzeit eine Debatte hoch, die die dortige Szene spaltet: Sollten Schaufelreifen – die berüchtigten „Scoop Tires“ – verboten werden? Was zunächst wie ein Scherz klingt, entfacht hitzige Diskussionen über Rennqualität, Fairness und die Zukunft des Sports.

Was steckt hinter der Debatte?

Schaufelreifen sind echte Spezialisten: Sie beißen sich mit ihren paddelartigen Stollen durch tiefen Sand und lockeren Boden – ideal für Strecken wie Southwick, Lommel, oder bei den ADAC MX Masters, Dreetz. Doch längst kommen sie auch auf härteren, kompakteren Böden zum Einsatz. Warum? Ganz einfach: Sie garantieren maximalen Grip am Start, den entscheidenden Meter Vorsprung in den ersten Sekunden.

Das Problem in der Theorie: Auf nicht-sandigen Böden verwandeln sie die Strecken im Handumdrehen in „Slot-Car-Tracks“, wie es US-Piloten nennen. Es entstehen tiefe Spurrillen, nur eine oder zwei fahrbare Linien, kaum Raum für Überholmanöver. Wer nicht am Start vorne ist, hat schlechte Karten.

Die Folgen auf der Strecke

Beispiel Pala: Bereits in der zweiten Hälfte des Fox Raceway National wirkte die Strecke zerfahren, fast wie eine eingefräste Schiene. Jet Lawrence machte es dort vor: vorneweg fahren, die Innenlinien abdecken, den Gegner – in diesem Fall Chase Sexton – zwingen, außen zu überholen. Risiko? Hoch. Chancen? Gering. Das Resultat: weniger packende Zweikämpfe, mehr taktisches Verwalten.

Ein Blick zurück: Als Können zählte

Viele Fans blicken nostalgisch auf die Zweitakt-Ära zurück. Damals waren die Strecken weniger tief gegrubbert, boten mehr Linienvielfalt. Fahrer mussten ihre Bikes „tanzen“ lassen, die perfekte Spur suchen, ihre Gashand mit Feingefühl einsetzen. Heute hingegen? Power, Startvorteil, Reifentaktik – oft wichtiger als fahrerisches Improvisationstalent.

Internationaler Trend, internationale Fragezeichen

Auch in Europa nimmt der Einsatz der hier vor Jahren schon genutzten Schaufelreifen zu. Doch die Folgen ähneln sich: Die Strecken leiden, die Linienvielfalt sinkt. So teilte uns MXGP-Streckenbauer Freddy Verherstraeten mit, dass man sich seit geraumer Zeit fragt, woher das Phänomen der ausbleibenden Linienvielfalt kommt. Wenn es nach den Amerikanern geht: vom Schaufelreifen.

Auffällig: Während es in fast allen Motorsportarten strikte Reifenreglements gibt, wann darf welcher Reifen wo gefahren werden, herrscht im Motocross oft noch freie Wahl. Eine Schieflage, die nun diskutiert wird.

Ein mögliches Verbot hätte allerdings nicht nur sportliche, sondern auch wirtschaftliche Auswirkungen. Hersteller wie die deutsche Marke Gibson Tyre Tech würden hart getroffen. Ihr Modell „Scoopster“ gilt als Verkaufsschlager im Sortiment – gerade weil er für maximale Traktion auf losen Böden steht. Ein Reglement, das den Einsatz solcher Reifen stark einschränkt, würde auch den Markt neu sortieren und kleinere Hersteller unter Druck setzen.

Die Idee: ein selektives Reifen-Reglement

Könnte ein gezieltes Verbot helfen? US-Amerikaner sagen: Ja. Schaufelreifen nur dort, wo sie wirklich hingehören – auf tiefem Sand. Für alle anderen Strecken: Standardreifen. Das würde bedeuten: gleiche Startbedingungen, vermutlich weniger Spurrillen, mehr Racing – auf der Strecke, nicht nur bei der Reifenmontage am Dunlop, Pirelli, Bridgestone oder Gibson Stand.

Zeit für mutige Entscheidungen

Die Diskussion um die Motocross Schaufelreifen zeigt, wie sehr sich der Sport in den letzten Jahren verändert hat. Mehr Technik, mehr Taktik – aber oft weniger Herzschlagmomente auf der Strecke. Vielleicht ist jetzt der richtige Moment, umzudenken: für packendere Duelle, mehr Überholmanöver und letztlich auch mehr Sicherheit. Es geht nicht darum, den Fortschritt zu bremsen – sondern darum, den Kern des Sports zu bewahren: den fairen Kampf Mann gegen Mann, Maschine gegen Maschine.