S72, was wäre, wenn der Belgien-GP in Namur stattfinden würde?
Zugegeben, diese Frage stellt sich nicht wirklich, aber irgendwie kam uns dieser Gedanke in den Sinn. Anlässlich des belgischen Grand Prix am kommenden Wochenende in Lommel haben wir dieses Gedankenspiel tatsächlich einmal durchgespielt.
Damit unsere Gedanken halbwegs frei fließen konnten, mussten wir zunächst einige Barrieren im Kopf beseitigen.
Schritt 1: Warum wird es auf jeden Fall keinen GP in Namur geben? Es gibt viele Gründe, aber die offensichtlichsten sind leicht nachvollziehbar:
1. Historischer Abstand: Der letzte Grand Prix um die Zitadelle fand 2007 statt – ein Jahr nach dem gefeierten 10. WM-Titel von Stefan Everts. Seitdem sind fast 20 Jahre vergangen, und die lokale Bevölkerung hat sich von solchen Events verabschiedet.
2. Lokale Gegebenheiten: Die Gegend um die Zitadelle ist edler und beinhaltet gepflegte Parks. Der Müll, der verursachte Schaden in den Grünanlagen und der Geruch nach allen möglichen Körperflüssigkeiten wären dort zu Recht unerwünscht.
3. Behördliche Hürden: Der Kampf gegen die Behörden wäre enorm. Selbst Strecken wie Lommel, wo sich die meisten GP-Teams niedergelassen haben, schwitzen unter den Bedingungen.
4. Fehlende Helden: Zwar gibt es noch Liam Everts und die Coenen-Brüder, aber die Zeiten, in denen Motocrosser wie Stefan Everts, Joel Smets und die Geboers Nationalhelden waren, sind vorbei. Heute schafft es ein Sieg höchstens in die Regionalzeitung.
5. Fehlende Organisation: Die ehemaligen Organisatoren gibt es entweder nicht mehr oder sie sind nicht mehr in der Lage, ein solches Event zu stemmen oder überhaupt einen Trackwalk zu machen.
Zusammengefasst: Es fehlt an Unterstützung von den entscheidenden Personen vor Ort für ein Event dieser Art. Unser Wunsch als kleine Motocross-Community reicht nicht aus, um gegen die zahlreichen Bedenken der Anwohner anzukommen. Das muss man akzeptieren und anerkennen.
Schritt 2: Was denkt Stefan Everts über diese Idee?
Wir haben bei Stefan Everts nachgefragt, was er von dieser absurden Idee hält und ob die heutigen Fahrer und Fahrerinnen auf so einer Strecke überhaupt noch bestehen könnten.
Schritt 3: Seine Antwort
Stefan Everts: „Natürlich könnten sie dort fahren. Aber die jüngere Generation wäre schockiert, wenn sie in Namur antreten müssten. Es ist ein sehr technischer und schwieriger Kurs mit vielen Herausforderungen. Von hellem zu dunklem Licht, Waldstücken, Steinen, Wurzeln und von engen zu weiten Passagen. Für mich war esdamals die schwerste Strecke der Welt. Wenn wir die jungen Fahrer dort jetzt losschicken würden, würden einige weinen“, sagte Stefan mit einem breiten Grinsen und zufriedenem Lachen.
Man darf nicht vergessen, dass sich sowohl die Bikepower als auch der Fahrstil so verändert haben, dass diese fast schon engen Strecken gar nicht mehr ins Konzept passen. Die Fahrer müssten sich komplett neu einstellen.
Everts: „Am Ende bleibt es aber Racing, wie es seit 100 Jahren existiert. Es bleibt Fahrer und Maschine gegen die Strecke. Es geht um dich und dein Bike, egal welche Streckenart es am Ende ist. Ich sehe da kein Problem.“
Obwohl es die Strecke rund um die Zitadelle nicht mehr gibt, wird sie nicht vergessen. Selbst jüngere Generationen haben schon von Namur gehört, weil alles drumherum so besonders war. Tatsächlich würde ich gerne noch einmal ein Rennen dort sehen, wie viele andere auch.
Everts: „Nein, solche Strecken existieren nicht mehr. Es war das, was Monte Carlo für die Formel 1 ist. Leider gibt es die Strecke nicht mehr. Sie hat mir ein besonderes Gefühl gegeben, dort einfach hinzugehen und zu wissen, dass du auf Straßen und in Wäldern fährst. Es ist unbeschreiblich. Wenn du dort nicht gefahren bist, kannst du die Emotionen gar nicht verstehen, die die Strecke dir gegeben hat. Unten am Café bist du auf einen kleinen Supermototrip gegangen.“
Kannst du dich noch an dein erstes Rennen dort erinnern?
Everts: „Ja, ich kann mich daran erinnern. Ich war geschockt und hatte Angst, als ich das erste Mal auf der Strecke war. 1998 auf der 500er Zweitakt. In meinem ersten Training dachte ich: ‚Was zur Hölle ist das?‘ Es war so gefährlich, wenn du zwischen den großen Bäumen gefahren bist. Aber ich habe mich daran gewöhnt und fühlte mich am nächsten Tag schon wohl, als ich Vollgas gefahren bin. Es hat für 1:1 und eine große Führung gereicht. Eigentlich bin ich die 250er gefahren, aber für Namur habe ich eine Wildcard gezogen.“
Diese nostalgischen Erinnerungen zeigen, wie besonders die Strecke in Namur war und warum sie immer einen Platz in den Herzen der Motocross-Fans behalten wird.