MXGP-Werksvertrag – Traumdeal oder goldener Käfig?

Ein Blick unter das Zelt des Yamaha MXGP Werksteam. / Foto: Ray Archer
Stell dir vor: Du gewinnst Rennen am Fließband, steigst in Rekordzeit vom Nachwuchstalent zum Profi auf – und stehst plötzlich im MXGP-Startgatter neben Tim Gajser und Jeffrey Herlings. Nach einem Podium, zum Beispiel in Portugal, explodiert dein Handy vor lauter Anrufen. Jedes Top-Werksteam will dich haben. Klingt nach einem Märchen – doch bevor du den Stift zückst, lohnt sich ein genauer Blick: Was steckt wirklich hinter einem MXGP-Factory-Vertrag?
Welche Pflichten hat der Fahrer?
Ein Werksvertrag ist kein lockerer Handschlag in der Boxengasse. Er ist ein präzises Regelwerk, das deinen Rennalltag auf Jahre definiert.
- Markentreue: Du fährst ausschließlich auf dem Fabrikat deines Teams – ob MXGP, MX2 oder ausgewählte Off-Season-Events.
- Teamstrategie: Kein Titel in Reichweite? Dann heißt es manchmal, für den Teamkollegen zu arbeiten.
- Fitnesspflicht: Topform ist Pflicht. Das Team darf medizinische Checks anordnen – auf seine Kosten, aber ohne Diskussion.
- Dopingkontrollen: Auf Abruf und mit nur 48 Stunden Vorwarnung – Blut, Urin und alles, was nötig ist.
- Ausrüstungsvorgaben: Vom Helm bis zu den Stiefeln gilt: Nur Team- oder Sponsorware. Eigene Deals? Nur mit Genehmigung.
- Test- und PR-Termine: Testtage, Autogrammstunden, Händler-Events – bis zu 35 Termine pro Jahr sind drin.
Was muss das Team leisten?
Natürlich gibt es auch Rechte, die der Vertrag sichert.
- Gehalt pünktlich zahlen.
- Preisgelder bleiben beim Fahrer.
- Konkurrenzfähiges Motorrad für jede WM-Runde.
- Mechaniker stellen – oft darfst du deinen eigenen mitbringen.
- Transport und Betreuung bei allen geplanten Rennen.
Geheimhaltung und Namensrechte – wer gehört wem?
Werksteams schützen ihre Technik und ihr Image wie ein Staatsgeheimnis.
- Alle Entwicklungen bleiben Teameigentum.
- Dein Name, dein Bild, deine Stimme – alles darf das Team für Marketing nutzen. Auch noch nach Vertragsende.
- Eigene Sponsoren? Nur, wenn sie nicht mit Team-Partnern kollidieren.
Rechtliches & Kündigung – wie schnell bist du raus?
Ein MXGP-Vertrag schützt vor allem eines: das Team.
- Unfälle? Dein Risiko. Kranken- und Unfallversicherung musst du selbst zahlen.
- Vertragsbruch, Gesetzesverstöße oder lange Verletzungen? Kündigung oft mit nur 5 Tagen Frist.
- Verstöße können teuer werden – manche Teams verhängen bis zu 25.000 € Strafe pro Fall.
Motorrad – dein Bike ist nicht dein Bike
Das Werksmotorrad ist eine Waffe – aber sie gehört nicht dir.
- Trainingsbikes und Ersatzteile stellt das Team.
- Das Rennbike geht nach jedem Lauf zurück ins Werk oder zum Team.
- Fremdstarts nur mit offizieller Freigabe.
Was steht unterm Strich?
Ein Werksvertrag kann lukrativ sein – und wie.
- Grundgehalt: bis zu 175.000 € pro Monat (vor Steuern), gezahlt in 12 gleichen Raten.
- Sieg- und Titelprämien: Sofort nach Ergebnisbestätigung.
- Sponsorendeals: Ein großer Teil deines jährlichen Einkommens wird durch Sponsoren getragen.
- Reisekosten: Erstattung nur mit Belegen – meist Economy-Class, teils mit Preislimit.
- Mietwagenpauschale: Grob geht man von bis zu 5.000 € pro Saison aus.
Fazit – Schlüssel zur Spitze, aber…
Ein MXGP-Werksvertrag ist zwar das Ticket zur Weltspitze, doch gleichzeitig auch ein enges Korsett aus Verpflichtungen, Terminen und Regeln. Ja, du bekommst bestes Material, sichere Bezahlung und weltweite Sichtbarkeit. Aber du gibst auch viele persönliche Rechte ab und lebst nach einem strikten Plan, der wenig Raum für Spontanität lässt.
Wer das akzeptiert, hat die Chance, nicht nur Rennen, sondern auch Titel zu gewinnen – und sich dauerhaft in der Weltelite zu behaupten.