MXGP vs. AMA: Verliert die MXGP an Glanz

Ken Roczen (10) und Eli Tomac (22) waren 2 AMA Piloten beim MXoN in Matterley Basin

Ken Roczen (10) und Eli Tomac (22) waren 2 AMA Piloten beim MXoN in Matterley Basin

Die AMA (American Motorcyclist Association) ist das Herzstück des US-Motocross und bietet mit Motocross, Supercross und der neuen SuperMotocross-Serie (SMX) ein beeindruckendes Programm, das nicht nur riesige Zuschauerzahlen anzieht, sondern auch hohe Preisgelder für die Fahrer bereithält. Kein Wunder also, dass viele europäische Topfahrer den Traum haben, in die USA zu wechseln – und sich von der AMA-Vielfalt, den professionellen Strukturen und den legendären Naturstrecken angezogen fühlen.

Im Gegensatz dazu steht die MXGP, die sich über vier Kontinente erstreckt und den Teams und Fahrern einiges abverlangt. Hohe Startgelder, eine enorme Reisedistanz und fehlende Preisgelder machen die MXGP weniger attraktiv für einige Fahrer, aber der Reiz des Wettbewerbs bleibt ungebrochen. Die Leistungsdichte in der MXGP gilt als die höchste der Welt – und sie bringt den begehrten Titel des Motocross-Weltmeisters mit sich. Auch der europäischen Standard einer funktionierenden Krankenversicherung spielt in einem Risikosport natürlich eine gewaltige Rolle.

Der Traum der europäischen Fahrer: Die USA rufen!

Immer mehr europäische Fahrer wagen den Sprung über den Atlantik. Ein prominentes Beispiel ist Jorge Prado, der aktuelle MXGP-Weltmeister, der 2025 in die AMA wechselt. Auch MX2-Weltmeister Kay de Wolf und die talentierten Coenen-Brüder blicken Richtung USA. Sie alle haben sich an den Erfolgen ihrer jüngsten Vorgänger orientiert: Ken Roczen, die Lawrence-Brüder, Dylan Ferrandis, Marvin Musquin und Tom Vialle sind europäische Fahrer, die es in den USA nicht nur geschafft haben, sondern zu Superstars wurden – und dabei ordentlich verdienen. Gehälter von denen man in Europa nur träumen kann, volle Stadien oder Rennstrecken mit Legendenstatus.

USA-Topstars in Europa? Ein seltener Anblick

Der Traum des Kontinentwechsels scheint einseitig, denn umgekehrt sieht es anders aus. Nur wenige amerikanische Topfahrer wagen es den Gedanken „MXGP Europa“ auszusprechen und dabei bleibt es in der Regel auch. Jason Anderson äußerte einmal, dass er vor seiner Pensionierung in Europa fahren möchte, aber das bleibt eher die Ausnahme. Viele US-Fahrer haben wenig Interesse an der MXGP und einem Kulturwechsel. Erinnert sich noch jemand an Ryan Villopoto und seinen kurzen MXGP-Ausflug? Villopoto sei 2014 geschockt gewesen, als er das erste Mal Thailand zum GP besuchte. Sein Sturz in Arco 2014 beendete das Experiment frühzeitig. Andere Fahrer, die den Schritt wagten, wie Mitchell Harrison oder Jack Chambers, waren in Europa eher in der zweiten oder dritten Reihe zu finden.

Motocross of Nations: Ein Vergleich der Giganten

Das Motocross of Nations (MXoN) ist zwar nur ein einmaliger Wettkampf, doch es gibt einen spannenden Einblick in die Kräfteverhältnisse zwischen AMA und MXGP. Beim letzten MXoN standen fünf AMA-Fahrer auf den ersten beiden Podiumsplätzen, darunter das australische Supertalent Jett Lawrence, der von Legende Stefan Everts in Europa trainiert wurde. Erst danach folgten Fahrer aus der MXGP wie die Niederländer Herlings, De Wolf und Coldenhoff.

Tim Gajser (SLO) gewann zwar die MXGP-Kategorie in Matterley, aber auch er gehörte zu denen, die vor einigen Jahren Interesse in Richtung USA bekundeten. Allerdings fühlte er sich bei Honda Gariboldi zu wohl, um diesen Schritt zu wagen. Kay de Wolf (NL) holte sich in der MX2-Klasse den Sieg und plant in den kommenden Wochen ein Ausflug zum Supercross in die Staaten. Der bereits erwähnte Lawrence (AUS) gewann in Matterley Basin die Open-Kategorie und vertrat hier die AMA Piloten.

Wohin geht der Trend?

Der Trend, dass immer mehr europäische Fahrer in die USA wechseln, wird das Kräfteverhältnis im Motocross langfristig verändern. Die MXGP könnte auf Dauer an Strahlkraft verlieren, wenn es keine Reformen gibt; Preisgelder und weniger kostspielige Startgelder könnten dabei helfen, die MXGP wieder attraktiver zu machen. Weniger Kostenauflagen für die durchführenden Vereine, damit die Eintrittspreise wieder sinken.
Problematisch sind auch die zukünftigen „Rentner“, die noch den Star-Status haben: Jeffrey Herlings, Jeremy Seewer und Romain Febvre sind alle über 30.

Aber eines bleibt sicher: Die MXGP wird weiterhin die Bühne für internationale Talente sein. Und wer weiß, vielleicht sehen wir in Zukunft doch mehr amerikanische Fahrer, die sich dem Abenteuer Europa stellen. Die MXGP hätte es allein schon aus Traditionszwecken verdient, dass sie der AMA ebenbürtig ist.