Mark Scheu: Jedes Jahr ein Schritt
Mark Scheu lebt für den Motocross-Sport. Spätestens seit seinem Auftritt in Holzgerlingen, wo er als Lokalmatador für eine Weile in den Top 3 mitfuhr, und seiner Teilnahme am Supercross in Stuttgart sollte seine Fanbase gewachsen sein. Auf Instagram lässt sich verfolgen, mit welchem Ehrgeiz Mark Scheu an seinem Traum arbeitet, die Weltbühne der MXGP zu erreichen.
Nach einem herausfordernden Schnupperjahr in den Europarennen der MXGP 2024, das ihm erste WM-Punkte und auch ordentlich Shitstorm bei dem Vorfall mit Jeffrey Herlings einbrachte, gilt es nun, noch eine letzte Hürde zu meistern: die Suche nach finanziellen Mitteln, um 2025 an der gesamten Weltmeisterschaft, einschließlich der Übersee-Rennen, teilnehmen zu können.
Doch was treibt Mark Scheu an, und wie sieht sein Alltag aus? In diesem Interview gibt er Einblicke in sein Leben, seine Herausforderungen und seine Visionen.
Mark, das letzte Mal saßen wir in meinem Büro und haben eine Podcast-Folge von Dirtcast People mit dir aufgenommen. Dort ging es um deine Eindrücke und Erfolge in der MXGP und bei den MX Masters. Kannst du uns kurz erzählen, was sich seither bei dir verändert hat und wie du dich weiterentwickelt hast?
Alles, was wir damals im Podcast besprochen haben, konnte ich tatsächlich umsetzen. Ich nahm an den ADAC MX Masters und an den europäischen Rennen der MXGP teil. Der Start verlief zwar holprig, da ich zunächst in die falsche Richtung gearbeitet habe, aber ab der Saisonmitte bis zum Ende lief es deutlich besser. Die Ziele, die wir uns im Team gesetzt hatten, konnten erreicht werden.
Warum hast du dich dazu entschieden, genau an diesen drei Meisterschaften (DM Open, ADAC MX Masters und MXGP) teilzunehmen?
Das DM-Open-Rennen in Aichwald habe ich nur mitgenommen, weil es in meiner Nähe liegt und immer ein tolles Event ist. Die ADAC MX Masters sehe ich als die stärkste Serie neben der MXGP in Europa. Besonders in diesem Jahr war das Fahrerfeld von Platz 1 bis 20 extrem stark – jeder konnte Top-Platzierungen erzielen, der eine oder andere sogar Rennsiege. Und mal ehrlich, welcher kleine Junge oder Fahrer träumt nicht davon, MXGP zu fahren? Wenn sich die Gelegenheit bietet, warum nicht?
Wie bewertest du deine Leistungen und Ergebnisse in der Saison 2024 (DM Open, ADAC MX Masters, MXGP)?
Mit der Saison bin ich nur teilweise zufrieden. Der Start verlief schleppend, und bei den ADAC MX Masters sowie in der WM waren die Ergebnisse zunächst enttäuschend. Das lag daran, dass ich mich auf dem Bike nicht wohlgefühlt habe und im Winter nicht fit genug war – das hatte allerdings nichts mit dem Motorrad zu tun. Gegen Ende der Saison gelangen mir bei den Masters einige Top-10-Ergebnisse, und in Holzgerlingen konnte ich sogar eine Zeit lang in den Top 3 mithalten. Ähnlich lief es in der WM, wo ich gegen Saisonende fast jedes Wochenende in einem der beiden Läufe punkten konnte.
Waren deine Platzierungen Fortschritte oder eher Herausforderungen? Hast du deine Ziele für 2024 erreicht, und warum oder warum nicht?
Im Team setzen wir uns natürlich gewisse Ziele oder Platzierungen. Bei den Rennen geht es für mich jedoch nicht primär darum, ein Top-10-Ergebnis zu erreichen oder in die Punkte zu fahren. Vielmehr versuche ich, das umzusetzen, was ich trainiert habe – sei es fahrerisch oder mental. Mit dieser Herangehensweise kommen die Ergebnisse oft von alleine. Die MXGP 2024 war für mich ein Lernjahr, da ich viele Strecken noch nicht kannte.
Wie analysierst du deine Ergebnisse? Hast du ein spezielles System oder arbeitest du mit bestimmten Personen zusammen?
Die Analyse beginnt bei mir selbst. Nach jedem Rennen, Training oder jeder Sporteinheit überlege ich, was ich hätte besser machen können. Wenn ich an einem Punkt nicht weiterkomme, wende ich mich an meinen Mentaltrainer Markus Schmidt. Er hat mir unter anderem beigebracht, geduldig zu sein. Mein Fokus liegt darauf, immer einen Schritt nach vorne zu machen, anstatt zwei zurück.
Was ist beim MXGP in Lommel mit der blauen Flagge und Jeffrey Herlings passiert? Wie hast du die Situation wahrgenommen?
Es soll keine Ausrede sein, aber die Strecke war extrem anspruchsvoll, und ich bin meine Linie wie die Runden zuvor gefahren. Vor der Whoop-Sektion sah ich die blaue Flagge und wusste, dass ich überrundet werde. Leider konnte ich dementsprechend nicht richtig und schnell genug Platz machen, wie es nötig gewesen wäre. Mir war klar, dass Jeffrey als schnellerer Fahrer seinen Weg finden würde. Rückblickend war es natürlich beschissen, dass ich die betroffene Person war, die ihn zu Fall brachte.
Gab es eine Aussprache mit Jeffrey Herlings nach seinem Sturz? Was hast du aus der Situation gelernt?
Ich habe versucht, ihn zu kontaktieren, um die Situation zu erklären und mich zu entschuldigen, aber er hat nicht geantwortet. Nach dem Vorfall gab es viele Hasskommentare, Beleidigungen und sogar Drohungen gegen mich. Am Ende weiß ich jedoch, dass solche Dinge meist von Leuten kommen, die die Situation nicht wirklich beurteilen können. Ich habe das nicht zu sehr an mich herangelassen.
Was inspiriert dich dazu, 2025 die gesamte MXGP-Serie einschließlich der Übersee-Rennen zu fahren?
Dieses Jahr habe ich alle europäischen Läufe der WM bestritten. Mein Ziel ist es, jedes Jahr Fortschritte zu machen und mich weiterzuentwickeln.
Wie findest du neben dem Sport einen Ausgleich?
Viel Zeit bleibt nicht, da Beruf und Training nahezu den ganzen Tag beanspruchen. Ab und zu gönne ich mir einen Abend mit Freunden, aber ein klassisches Sozialleben mit Freundin, Partys oder Urlaub gibt es nicht. Ich fahre gerne Rennrad oder gehe ins Fitnessstudio – allerdings mit dem Ziel, für den Sport fit zu bleiben.
Stell dir vor, dein jüngeres Ich sitzt in deinem Kinderzimmer. Was würdest du ihm sagen?
Mark, gehe bestimmte Dinge anders an, hinterfrage nicht das, woran du glaubst – egal, was andere sagen. Du kannst alles schaffen. Und gehe manchmal nicht unbedingt mit dem Kopf durch die Wand.