„Jumping the Gate“ – Jett Lawrence verliert Podestplatz

Die Champagner-Dusche blieb Jett Lawrence an diesem Wochenende verwehrt.

Die Champagner-Dusche blieb Jett Lawrence an diesem Wochenende verwehrt. / Foto: MX Sports Pro Racing, Inc.

Es war der Moment, der im Fahrerlager für Gesprächsstoff sorgte: Der Start zum ersten 450er-Lauf beim Ironman National – und mittendrin Jett Lawrence. Der WM-Leader im rot-weißen Honda-Dress zuckte vor dem Fallen des Gatters an – ausgelöst durch die Bewegung eines benachbarten Fahrers. Im Bruchteil einer Sekunde rollte er ins Startgatter, stand kurz vor seinen Kontrahenten. Was für das bloße Auge wie ein unglücklicher Reflex wirkte, ist im Reglement klar definiert: „Jumping the Gate“ – ein Startverstoß mit klaren Konsequenzen.

Das Regelwerk ist eindeutig – doch war es wirklich ein Vorteil?

Gemäß Regel 1.8.9, Startprozeduren, Abschnitt C des AMA-Regelbuchs zählt das „Springen“ oder „Foulen“ des Gatters zu den schwereren Startvergehen. Die Strafen sind klar umrissen: vom Abzug einer Runde bis hin zur Disqualifikation.

Der Hintergrund: In den USA klappen die Startgatter bei Kontakt nach vorn. Wer sie zu früh berührt oder „anschießt“, kann dadurch mit dem Vorderrad darüber hinwegrollen und sich vor dem Rest des Feldes positionieren – ein potenzieller Vorteil, den das Reglement strikt unterbindet.

Bemerkenswert: In der Motocross-Weltmeisterschaft (MXGP) wäre Lawrence für eine derartige Reaktion wohl straffrei davongekommen – solange er das Gatter nicht tatsächlich überfährt, denn hier sind diese in der Vorwärtsbewegung begrenzt. Dort gilt erst das Überspringen, wie es etwa Charles Lefrançois im Supercross mehrfach demonstrierte, als klares Vergehen.

Der von der AMA angeführte Vorteil war für Zuschauer und Experten jedoch kaum erkennbar. Nach dem Fallen des Gatters sortierte sich Lawrence rasch im Mittelfeld ein – weit entfernt von einer Führung. Ex-Profi David Vuilleminbrachte es auf den Punkt: „Wenn du über das Gatter springst, bist du in Runde 1 Erster. Nicht Zwanzigster.“

Die Strafe und ihre Folgen

Im Fall Lawrence wählten die Offiziellen in Indiana die mildere Variante – den Rundenabzug. Die Folge: Aus Platz drei wurde Rang 17. Ein bitterer Rückschlag, der nicht nur Punkte kostete, sondern auch das Kräfteverhältnis im Titelkampf neu sortierte.

Rennleiter Mike stellte nach dem Rennen klar: „Das ist keine neue Bestimmung. Sie ist seit Jahren im Reglement verankert.“ Der Unterschied zu einem „Hängenbleiben“ im Gatter sei entscheidend: Während Letzteres eher ein Pechmoment sei, verschaffe das aktive „Schießen“ des Gatters – ob absichtlich oder durch Reaktion ausgelöst – einen Vorteil.

Ein möglicher Wendepunkt im Titelkampf

Der Penalty ließ Lawrence im Ironman-Gesamtergebnis weit zurückfallen – und drückte seinen Punktevorsprung in der Meisterschaft um satte 14 Zähler. Aus einem scheinbar komfortablen Polster wird nun ein knapperes Duell mit Bruder Hunter.

Die Ironman-Story hat damit ein neues Kapitel: Ausgerechnet ein Start, bei dem Zehntelsekunden zählen, könnte am Ende der Saison im Rückspiegel als einer der entscheidenden Momente im Titelkampf auftauchen.