Jeremy McGrath kritisiert Jorge Prado scharf

Jeremy McGrath äußert sich zu Jorge Prado

Jeremy McGrath äußert sich zu Jorge Prado. / Foto: ARMA

Kaum ein Fahrer hat in dieser Offseason so viele Schlagzeilen produziert wie Jorge Prado. Der vierfache Weltmeister, sonst bekannt für seine Präzision und Professionalität, steht nach seinem schwierigen Intermezzo in den USA im Mittelpunkt einer Debatte, die weit über sportliche Ergebnisse hinausgeht.

Nun meldet sich ausgerechnet der „King of Supercross“, Jeremy McGrath, mit klaren Worten – und seine Einschätzung lässt keinen Raum für Missverständnisse.

„Es war offensichtlich, dass er nicht alles gab“

In der aktuellen Ausgabe des Jaxxon Podcasts spricht McGrath offen über seine Eindrücke. Der Amerikaner, selbst eine Legende des Sports, fand deutliche Worte über Prados Auftritt in den USA: „Es war schmerzhaft offensichtlich, dass er nicht wirklich alles versucht hat. Für mich sah es so aus, als wollte er sich absichtlich rausschmeißen lassen.“

McGrath räumt zwar ein, die Hintergründe nicht im Detail zu kennen, doch sein Urteil fällt deutlich aus. Als erfahrener Profi erkennt er Muster – und eines davon ist für ihn der Umgang mit Druck. Prado, so McGrath, habe die Herausforderung in Amerika unterschätzt und dabei Fehler gemacht, die einem Fahrer seiner Klasse nicht passieren sollten.

Europäische Freiheit trifft amerikanische Regeln

Einen Teil des Problems sieht McGrath in den unterschiedlichen Strukturen der Rennserien. Während in Europa Werksteams wie KTM nahezu jede Komponente anpassen dürfen – vom Rahmen bis zur Motorcharakteristik –, sind die Möglichkeiten in den USA deutlich eingeschränkter. „In Europa kann man alles verändern, in den USA nicht“, erklärt McGrath. „Selbst wenn er von seiner europäischen KTM auf Chase Sextons Maschine gestiegen wäre – das sind zwei völlig verschiedene Bikes.“

Prado kam also aus einer Welt, in der nahezu alles auf ihn zugeschnitten war, in eine Serie, in der Seriennähe und Gleichheit der Technik zum Grundprinzip gehören. Für McGrath eine Herausforderung, die der Spanier möglicherweise unterschätzt hat.

„Er hat unterschrieben – also muss er liefern“

Besonders kritisch sieht McGrath Prados öffentliche Aussagen über Kawasaki und Monster Energy. Für den Amerikaner ist klar: Kritik gehört intern besprochen, nicht vor laufenden Kameras. „Er hat den Vertrag unterschrieben, war zufrieden – und sobald es nicht läuft, zeigt man mit dem Finger auf andere. Das geht nicht. Als Profi musst du das durchziehen.“

McGrath betont, dass Loyalität und Respekt im amerikanischen Rennsport einen hohen Stellenwert haben. Wer ein Team öffentlich kritisiert, riskiert nicht nur seinen Ruf, sondern auch das Vertrauen innerhalb der Szene. „Ich muss es nicht schönreden – es war einfach respektlos, wie er über Kawasaki gesprochen hat. So behandelt man kein Team, das in dich investiert hat.“

Zwischen Druck, Missverständnissen und Realitätsschock

Für Jorge Prado selbst war das US-Abenteuer bisher alles andere als einfach. Der Wechsel in die Supercross-Serie sollte zum nächsten großen Karriereschritt werden – und endete in Ernüchterung. Verletzungen, Anpassungsprobleme und Spannungen im Team ließen den Traum vom Durchbruch platzen.

Dabei war der Wechsel mehr als nur sportlich riskant. Der 24-Jährige kam als vierfacher Weltmeister in ein Land, in dem Supercross fast eine Religion ist. Erwartungen und mediale Aufmerksamkeit waren enorm. Doch statt Siege zu feiern, kämpfte Prado mit einem für ihn fremden System – und mit dem Druck, sofort liefern zu müssen.

Ein Fehler im Timing?

McGrath glaubt, dass Prado mit einem anderen Ansatz erfolgreicher gewesen wäre. „Ich denke, sein Fehler war, gleich mit Supercross zu beginnen. Er hätte lieber mit Motocross starten sollen, um sich an alles zu gewöhnen. Die Strategie war falsch – und sie ist ihm um die Ohren geflogen.“

Der Spanier selbst zeigte sich in den vergangenen Wochen bemüht, die Wogen zu glätten. In Interviews sprach er von „falschen Erwartungen“ und „einer schwierigen Lernphase“. Dennoch: Der Bruch mit Kawasaki hat Spuren hinterlassen – nicht nur sportlich, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung.

2026: Die Chance auf Wiedergutmachung

Mit dem geplanten Wechsel zurück zu KTM will Prado 2026 einen Neuanfang wagen. Dort kennt man seine Stärken, versteht seine Arbeitsweise – und weiß, wie man ihn erfolgreich einsetzt. Für Fans und Beobachter könnte dies der Wendepunkt sein.

Denn eines steht außer Frage: Wenn Jorge Prado in Form ist, ist er einer der faszinierendsten Fahrer der Welt. Sein Stil, seine Präzision und sein Selbstvertrauen machen ihn zu einem der technisch versiertesten Piloten im modernen Motocross. Doch um in Amerika oder international wieder Sympathien zu gewinnen, braucht es mehr als Talent – es braucht Reife.

Ein Plädoyer für Respekt und Professionalität

Jeremy McGraths Kritik mag hart klingen, doch sie trifft einen wunden Punkt. In einer Ära, in der Social Media und öffentliche Statements schnell Wellen schlagen, erinnert der siebenfache Champion an alte Werte: Loyalität, Verantwortung und Demut.

Für Prado bedeutet das: weniger reden, mehr liefern. Und vielleicht ist genau das die Lektion, die ihn – nach einem Jahr voller Fehltritte – wieder auf den Weg eines Champions zurückbringt.


Jorge Prado hat sich mit seinem USA-Abenteuer nicht viele Freunde gemacht. Doch ausgerechnet Kritik von einer Legende wie Jeremy McGrath könnte ihm helfen, wieder Boden gutzumachen. 2026 bietet die Chance zur Wiedergutmachung – sportlich wie menschlich. Und vielleicht zeigt sich dann, dass wahre Größe nicht im Siegen, sondern im Lernen liegt.