James Cole: „Wir bringen europäische Talente direkt in die AMA“

James Cole unterstützte seine Schützlinge beim Supercross Stuttgart

James Cole unterstützte seine Schützlinge beim Supercross Stuttgart. / Foto: Sebastian Wolter

Mit CDF Racing entsteht ein außergewöhnliches Supercross-Projekt: Ein amerikanisches Team, das sich ganz der Förderung europäischer Talente verschrieben hat. Teamchef James Cole aus Phoenix, Arizona, will jungen Fahrern aus Europa die Tür zur US-Supercross-Szene öffnen – und wagt damit etwas, das in dieser Form noch niemand versucht hat.

Im Gespräch mit MXNEWS Online Redakteur Dominic Habijanec erklärt Cole, wie aus einer spontanen Idee nach einem Besuch beim Glendale Supercross ein ernsthaftes Rennteam wurde. Er spricht über seine persönlichen Wurzeln im Motocross, über den Mut, ein internationales Projekt ohne Werksunterstützung zu starten, und über die Vision, talentierte Fahrer wie Paul Bloy und Nico Koch langfristig in den USA zu etablieren.

Ein Interview über Leidenschaft, Risiko und den Traum, europäische Farben in die amerikanische Supercross-Welt zu tragen.

James, du kommst aus Phoenix, Arizona – einer Region mit viel Offroad-Tradition. Nimm uns einmal mit an den Anfang: Wie hat deine persönliche Reise in Motocross und Supercross begonnen?

Ich bin mit etwa zehn Jahren zum ersten Mal Rennen gefahren, habe dann aber irgendwann aufgehört. Nach meiner Zeit beim Militär habe ich wieder angefangen – und das Feuer war sofort zurück. Irgendwann bin ich für rund 16 Monate nach Europa gekommen, bin dort lokale Rennen in Belgien und Holland gefahren, unter anderem in Lierup. Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt und mich in Europa verliebt. Sportlich lief es zwar nicht so, wie ich es mir erhofft hatte, aber die Erfahrungen waren unbezahlbar. Zurück in den USA habe ich noch eine Zeit lang weitergemacht, bis ich gemerkt habe: Das reine Fahren ist nicht mein Weg. Jetzt konzentriere ich mich darauf, etwas Größeres aufzubauen – mein eigenes Supercross-Team.

Der Schritt vom Fahrer zum Teamchef ist groß. Wann war für dich der Moment, an dem aus der vagen Idee ein konkreter Plan wurde – und was hat letztlich den Ausschlag gegeben, CDF Racing wirklich zu gründen?

Tatsächlich erst nach dem Glendale-Supercross im letzten Jahr. Ich habe gesehen, wie Jungs wie Nico oder Dominic Thury aus kleinen Trailern heraus gegen Werksteams antreten. Da dachte ich: Lass uns ihnen eine bessere Basis geben und schauen, was geht. Ich habe Sponsoren zusammengebracht – und es ging schneller voran, als gedacht. Leicht ist es trotzdem nicht: Es ist eine der größten und spannendsten Herausforderungen meines Lebens.

Viele US-Teams rekrutieren vor allem im eigenen Land. Was ist der inhaltliche Kern von CDF Racing – und worin unterscheidet ihr euch bewusst von klassischen Teamkonzepten in den USA?

Unser Ziel ist es, europäisches, oft übersehenes Talent direkt in die AMA Supercross Serie zu bringen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schnell die Europäer sind – ich bin hier selbst gefahren. Deshalb liegt unser Fokus ausschließlich auf europäischen Fahrern. Nicht, weil ich Amerikaner ausschließen will, sondern weil das unsere Mission ist: Wir wollen eine echte Brücke zwischen Europa und den USA bauen.

Mit Paul Bloy und Nico Koch habt ihr zwei Fahrer verpflichtet, die in Deutschland einen Namen haben. Wie liefen die Gespräche und warum fiel die Wahl genau auf diese beiden?

Mit Nico hatte ich zuerst Kontakt, das verlief aber zunächst im Sande. Dann sprach mich Michael Kartenberg auf Paul an – er meinte, das sei einer der schnellsten deutschen Supercross-Fahrer. Ich habe mir Videos angesehen, wir haben ein paar Wochen gesprochen, und dann ging alles ziemlich schnell. Kurz darauf kam der Kontakt zu Nico erneut zustande, und diesmal hat es geklappt. Außerdem haben wir Marco Fleissig als Backup-Fahrer verpflichtet..

Sportlich betrachtet – wo liegen die Stärken der beiden? Wie unterscheiden sich Fahrstil und Herangehensweise von Paul und Nico, und wie schätzt du ihr reines Potenzial ein?

Die beiden sind völlig unterschiedlich. Nico fährt sehr aggressiv, während Paul eher geduldig und mit viel Finesse unterwegs ist. Aber vom reinen Talent her sind sie absolut auf Augenhöhe.

Blick auf die Vorbereitung: Welche Trainingsstandorte und Programme nutzt ihr, um die Jungs auf das US-Supercross vorzubereiten – und wie organisiert ihr Logistik und Alltag zwischen Florida, Arizona und Kalifornien?

Paul war schon sechs Wochen in den USA und kommt jetzt wieder herüber. Wir fahren nach Florida, unter anderem zum Lawrence Compound, und trainieren danach in Phoenix. In der Nähe haben wir den Arizona Cycle Park, außerdem mehrere Supercross-Strecken in Kalifornien. Vier Stunden Fahrt – das ist für amerikanische Verhältnisse kein Problem.

Die Küstenwahl beeinflusst Set-up, Dirt und Reisekilometer und gibt es Trainingsinhalte, mit denen ihr euch bewusst von gängigen Routinen absetzt?

Die Westküste passt am besten zu unserem Standort und zur Beschaffenheit des Bodens. Ich glaube außerdem: Wenn du trainierst wie alle anderen, wirst du auch wie alle anderen. Deshalb setzen wir gezielt auf andere Reize – zum Beispiel Reaktionstraining und spezielle Workouts. Wir probieren bewusst neue Ansätze aus.

Struktur & Budget: Wie ist CDF Racing personell aufgestellt, wer übernimmt welche Rollen – und wie finanziert ihr die Debütsaison in einem Umfeld, das von großen Budgets geprägt ist?

Im Kern: Ich selbst, Myles – Allrounder für Technik und Setup, Marco Fleissig als Backup-Fahrer, mein Sohn Hayden, Nicos Mechaniker Max und meine Frau. Natürlich spielen unsere Sponsoren eine zentrale Rolle. Ich selbst habe viel investiert, dazu kommen Beiträge von Partnern. Unser Budget ist überschaubar, aber es wächst stetig.

Viele Neueinsteiger kämpfen um Sichtbarkeit neben Werksteams. Wie wird euer Ansatz in der Szene aufgenommen – und welche Etappen plant ihr in diesem bewussten „Lernjahr“?

Erstaunlich positiv! Unser Konzept ist neu, das öffnet Türen. Viele, die sonst vielleicht gar nicht geantwortet hätten, sind plötzlich interessiert. Wir haben tolle Unterstützung, zum Beispiel von Backyard Designs, und stehen in Gesprächen mit KTM. Wir gehen Schritt für Schritt – dieses Jahr ist bewusst ein Lernjahr.

Kalender & Überschneidungen: Wie koordiniert ihr den Saisonstart in den USA mit europäischen Fixpunkten wie Dortmund – und ab wann stehen Paul und Nico am US-Gate?

Beide Fahrer starten in der 250er-Klasse ab der zweiten Runde in San Diego. Dortmund liegt zeitlich dazwischen, das macht den Start bei Anaheim 1 unmöglich – aber das ist okay. Der Fokus liegt dennoch auf der Westküste.

Sponsoren sind im US-Racing das Rückgrat. Wie wichtig sind Partner für euer Konzept – und wie setzt ihr Marketing, Content und Teampräsenz auf, damit Fahrer und Marke gleichermaßen profitieren?

Ohne Sponsoren funktioniert gar nichts. Wir pflegen eine enge, persönliche Beziehung zu unseren Partnern – bei uns geht es nicht nur um Geld, sondern ums Miteinander. Viele unserer Fahrer leben während der Saison bei uns zu Hause, essen mit uns – wir sind wie eine Familie auf Zeit. Das sieht man auch in unseren Videos und unserem Auftritt. Ich will, dass die Jungs spüren, wie besonders diese Chance ist.

Technik & Material: Welche Marken und Dienstleister unterstützen euch derzeit, wie sieht die Teileversorgung aus – und warum fiel die Bike-Wahl auf eine Marke aus Österreich?

Becker Racing hilft mit Parts, FMF liefert Auspuffanlagen, Guts die Sitzbänke, Backyard Designs und A-to-Z Prints machen die Grafiken, A-to-Z auch die Fahrzeug-Wraps. Maxxis stellt Reifen für die Saison, Elf den Sprit. Bikes habe ich gekauft – (noch) kein Deal. Gespräche mit KTM laufen. Wir fahren GasGas: Viele Europäer kennen die österreichischen Plattformen – wir wollten die Jungs auf vertrautem Material lassen; GasGas war preislich sinnvoll, da wir ohnehin viel umbauen. Unser lokaler Dealer ist GasGas-Händler. Perspektivisch sind wir offen – auch Triumph wäre kein No-Go, ich hatte nur noch keine Gelegenheit, eines ihrer Bikes wirklich zu testen.

Ziele & Erwartungsmanagement: Was sind eure sportlichen und strategischen Benchmarks für 2026 – und wie verhindert ihr, dass der Druck auf zwei Rookie-Imports zu groß wird?

Durchkommen, lernen, Spaß behalten. Night-Shows, Main-Events – klar, das ist das Ziel. Aber wir setzen die Jungs nicht mit öffentlichen „Muss-Zielen“ unter Druck. Erst schauen, wo sie stehen – dann nachschärfen. Intern hat jeder Erwartungen, aber das Team-Mindset ist: maximaler Support, damit die Fahrer ihren Job auf der Strecke machen können.

Plan B: Wie reagiert ihr auf Verletzungen oder ausbleibende Ergebnisse – und ab wann würdet ihr euer Europa-Fokusmodell grundsätzlich hinterfragen?

Fällt jemand aus, haben wir Marco Fleissig als Backup – er wird ab Januar eine FIM-Lizenz haben. Wenn wir regelmäßig nicht in die Night-Shows kommen, müssen wir Ursachenanalyse betreiben – das ist die höchste Liga. Unser Europa-Recruiting stellen wir deshalb nicht sofort infrage – wir geben dem Projekt einige Jahre, es soll organisch wachsen.

Teamkultur entscheidet oft über die letzten Prozente. Beschreibe den Spirit bei CDF Racing in drei Worten – was macht euch intern aus?

Loyal, ehrlich, familiär. Wir können lachen, uns streiten, ernst diskutieren – es ist wie in einer Familie. Genau das macht uns aus.

Ganz persönlich: Was bedeutet dir Supercross – Sport, Leidenschaft, Lebensstil? Und woher kommt euer Look mit Pink und Blau?

Für mich ist es alles zusammen. Ich bin ein Kind der 90er – McGrath, Emig, diese Ära hat mich geprägt. Deshalb auch unser Look: Pink und Blau. Ich finde, dem Sport tut ein bisschen 90s-Flair gut. Supercross ist heute wahnsinnig professionell und schnell geworden – da darf die Show nicht verloren gehen.

Wenn du in fünf Jahren zurückblickst – ab welchem Moment würdest du sagen: Es war all das wert?

Ganz ehrlich – schon heute. Der Weg, die Rückschläge, das Zusammenwachsen – all das gehört dazu. Ich würde nichts ändern … na ja, ein paar kostenlose Bikes wären nett gewesen (lacht).

Zum Schluss: Eine Botschaft an die Community von MXNEWS Online und die europäische Szene?

Danke, Europa. Ohne eure Unterstützung gäbe es dieses Projekt so nicht. Wir geben Vollgas – see you at the races!