Jake Weimer: Zwischen Rückkehr und Gelassenheit

Jake Weimer beim Supercross Stuttgart 2025

Jake Weimer beim Supercross Stuttgart 2025. / Foto: Sebastian Wolter

Sieben Jahre nach seinem Rücktritt steht Jake Weimer wieder am Startgatter – und das ausgerechnet in Deutschland. Der ehemalige AMA-Supercross-West-Coast-Champion, der für Teams wie Pro Circuit Kawasaki, RCH Suzuki und GEICO Honda an den Start ging, bestreitet in diesem Winter die beiden deutschen Supercross-Veranstaltungen in Stuttgart und Dortmund.

Ein kurzes Gastspiel, aber eines, das viel über den Charakter des US-Amerikaners verrät: Bodenständig, reflektiert und immer noch mit echter Leidenschaft für den Sport.

Ein spontanes Comeback auf Zeit

„Es war eine schnelle Entscheidung“, erzählt Weimer im Gespräch mit unserem Redakteur Dominic Habijanec, der in Stuttgart vor Ort war. Eine Nachricht, ein Angebot – und der Entschluss stand. Ohne großen Plan, ohne Trainingslager. „Ich war ohnehin etwas Supercross gefahren und dachte mir: Warum nicht?“

So kam der 37-Jährige am Mittwochmorgen in Frankfurt an, nutzte den Tag als Tourist, bevor es Richtung Stuttgart ging. Keine große Vorbereitung, kein Druck. Nur der Wunsch, wieder Rennen zu fahren. Für Dortmund, so sagt er, will er vielleicht ein, zwei Tage dranhängen, um Deutschland ein wenig besser kennenzulernen. Das klingt nicht nach Comeback-Fieber – sondern nach jemandem, der seinen Frieden mit der Vergangenheit gemacht hat.

Abschied vom Profidruck

Seit seinem Rücktritt 2018 hat Weimer das Leben abseits des Rampenlichts genossen. „Ich bin einfach normal gefahren – vielleicht acht bis zehn Mal im Jahr. Kein Training, kein Stress.“ Physisch angeschlagen und müde vom permanenten Wettkampf, zog er damals den Schlussstrich. „Ich war nicht verbittert oder enttäuscht. Ich wusste einfach: Es ist Zeit.“

Dass er jetzt wieder Rennen fährt, liegt nicht an einer neuen sportlichen Ambition, sondern am Spaß. „Ich habe das Fahren nie gehasst, ich liebe es. Vielleicht brauchte ich einfach eine Pause.“

Realismus statt Ehrgeiz

Auch wenn der Instinkt eines Racers nie verschwindet, geht Weimer seine Rückkehr mit realistischer Gelassenheit an.
„Ich habe acht Jahre keine Supercross-Strecke gesehen. Ich bin hier nicht, um zu gewinnen. Für mich geht’s eher darum: Wie komme ich durch den Tag? Kann ich mich verbessern?“

Er weiß, dass die Konkurrenz in Stuttgart und Dortmund alles andere als leicht ist. „Hier sind Jungs am Start, die machen das hauptberuflich, sieben Tage die Woche. Für mich ist das ein Abenteuer, für sie der Job.“

Unterschiedliche Welten

Warum sich viele US-Profis auf europäischen Supercross-Strecken so schwer tun, kann Weimer klar erklären: „Die Strecken hier sind enger, der Boden anders, das ganze System ist ungewohnt. Du kommst aus einer anderen Zeitzone, sitzt auf einem fremden Motorrad – und sollst sofort abliefern.“

Er spricht aus Erfahrung: „Wenn du hier als Achter startest, gewinnst du nicht mehr. Es ist alles extrem dicht. Du brauchst perfekte Starts – und Anpassung. Das ist für uns Amerikaner ein echter Kulturschock.“

Ein Fahrer, kein Comeback-Jäger

Weimer hat sich weder zurückgekämpft noch neu erfunden – er hat einfach wieder Spaß an der Sache. „Ich war fast acht Jahre nicht mehr in einem Stadion auf dem Motorrad. Das Licht, das Publikum, die Atmosphäre – das bringt Erinnerungen zurück. Es fühlt sich an, als wäre ich nie weg gewesen.“

Von den Fans erwartet er nichts – und will ihnen auch nichts beweisen. „Ich war immer Fan dieses Sports. Ich wollte ihn immer gut repräsentieren, mit Respekt und Leidenschaft. Das ist heute noch so.“

Der Mann hinter dem Helm

Jake Weimer ist nicht zurück, um etwas zu gewinnen. Er ist zurück, um etwas wiederzufinden. Den Sound der Startgatter. Den Geruch von Benzin. Den Nervenkitzel, wenn das Gatter fällt. „Ich bin zufrieden, so wie es ist. Ich genieße den Moment – und nehme mit, was kommt.“

Im Dezember will er noch etwas trainieren, vielleicht in Dortmund etwas besser vorbereitet sein. Und danach? „Keine Pläne. Vielleicht bin ich einfach in den Zuschauerrängen – mit einem Kaffee in der Hand.“

Jake Weimer steht sinnbildlich für das, was Supercross auch sein kann: Leidenschaft ohne Leistungsdruck. Seine Rückkehr nach Deutschland ist kein Versuch, die Vergangenheit zu wiederholen – sondern ein ehrliches Bekenntnis zur Freude am Fahren.

In einer Szene, in der oft der nächste Sieg alles zählt, erinnert Weimer daran, worum es am Ende wirklich geht: Die Liebe zum Sport – und die Freiheit, ihn einfach zu genießen.