Henry Jacobi Interview: Die #29 macht mit 27 Jahren Schluss

Henry Jacobi im Interview zu seinem Karriereende.

Henry Jacobi im Interview zu seinem Karriereende.

Dem aufmerksamen Social Media Nutzer und Follower von Henry Jacobi unter euch, wird vielleicht in letzter Zeit schon die ein oder andere Story aufgefallen sein. 

Einer der prägnantesten Posts war sicherlich die Story mit dem Hashtag #Abschiedstournee, der nach dem Rennen der ADAC MX Masters in Jauer zu sehen war. Um es kurz zu machen: Ja, Jacobi macht Ernst! Er beendet nach dem Masters Finale am kommenden Wochenende in Holzgerlingen seine aktive Motocross Karriere.

Grund genug, den „Klopper“ anzurufen und nachzuhören, ob ein Crowdfunding oder eine Petition noch helfen würde die Entscheidung noch abzuwenden. Immerhin hat der Thüringer offensichtlich eine aktive Fanbase, die ihm zuletzt einen US-Trip ermöglichte.

MXN: Henry, wie siehts aus, was steht an?

Henry Jacobi: Ich bin gerade auf dem Heimweg von meinem letzten Training vor dem Masters Finale in Holzgerlingen. Gemeinsam mit Christoph Selent und meinem Teammate Noah Ludwig war ich in Vosswinkel und habe nochmal einen neuen Streckenrekord runtergeschraubt. Den hatte Noah bis dahin. Aber nur in der letzten Runde…

MXN: Nicht schlecht für jemanden, der doch eher als angeschlagen gilt! Wie kommt es denn dann zu deiner Entscheidung, den Helm an den Nagel zu hängen?

Henry Jacobi: Am meisten liegt es tatsächlich an meiner Gesundheit. Um nächstes Jahr nochmal zu fahren, müsste ich mir zum wiederholten Male das Kreuzband operieren lassen und meine Schulter ist auch nicht ganz stabil. Dadurch stehe ich schief, das zieht sich von der Hüfte bis hin zur Bandscheibe, sodass meine Beine taub werden. Dann kann ich wieder eine Woche nicht trainieren und habe Probleme im Alltag. Wenn ich eine Woche nicht trainiere, fahre ich auch scheiße und das zieht sich dann wie ein roter Faden durch die Saison. Ich müsste mich einmal kernsanieren. Aber da habe ich keinen Bock drauf. Mental, von der Motivation möchte ich es nicht mehr machen, da bin ich ehrlich. Ich ziehe das nicht mehr durch.

MXN: Das klingt plausibel und entschlossen. Die Entscheidung steht?

Henry Jacobi: Ja. Es mag komisch klingen, aber ich habe für mich selbst so viel erreicht, sodass ich nicht noch ein weiteres großes Ziel habe. Für andere mag das nicht viel sein, was ich erreicht habe. Für mich ist es schon alles gewesen, was ich je wollte. 

MXN: War der Amerika-Trip der Abschluss dessen, oder wie kann man das einordnen?

Henry Jacobi: Das war schon länger ein Traum, schon ein Ding auf meiner Bucket List. Einfach mal gemacht haben.

MXN: Hattest du trotz schon fortgeschrittener Rücktrittspläne Hoffnungen, dass man dort vielleicht auf dich aufmerksam wird?

Henry Jacobi: Nicht wirklich. Mit dem zehnten Platz kann man jetzt auch nicht sagen, dass ich da eingeschlagen bin wie eine Bombe. Aber na ja, voll fit und voller Tatendrang, da ginge bei mir sicher was am Rande der Top Five, so bei Malcolm Stewart und Christian Craig, da kommen sie dann sicherlich, das glaube ich schon.

MXN: Niemand hat sich gewundert, wer dieser Jacobi wohl ist?

Henry Jacobi: Ja, doch. Die waren schon begeistert, wir waren ja nur mit einem Pickup da. Verwundert war sicherlich der ein oder andere. Da haben Christoph und Gareth Swanepoel aber eigentlich schon sagen können „das ist der Jacobi, der hört Ende des Jahres auf“.

MXN: Und wenn da nun wirklich ein Angebot gekommen wäre, wäre das keine Option für dich?

Henry Jacobi: Ne, da wäre ich ja weg von zu Hause. Dafür bin ich zu alt. Das ist mindestens drei Jahre zu spät.

MXN: Schade, man könnte sagen, die drei Coronajahre…

Henry Jacobi: Es stand ja schon immer mal zur Debatte.

MXN: Gab es konkretere Pläne?

Henry Jacobi: Jetzt kann ich es ja sagen – Kurz nach meinem Crash in Teutschenthal wäre es eigentlich bereits in die USA gegangen.

MXN: Mitten in der Saison?

Henry Jacobi: Ja, ich hätte die Chance gehabt, als Ersatzfahrer für RJ Hampshire die Rockstar Husqvarna bei den Nationals zu fahren. Na ja. hätte…

MXN: Was dann passiert ist. wissen wir ja leider alle.

Henry Jacobi: Ehrlich gesagt wusste ich es während dem GP Wochenende noch nicht. Christoph hat’s mir nicht gesagt, sonst hätte ich vielleicht doch ein wenig vorsichtiger gemacht am Sonntag im Talkessel…

MXN: Apropos Teutschenthal. Du bist dort vor kurzem nochmal bei der DM Open gestartet. War es kein komisches Gefühl, dort jetzt nach doch relativ kurzer Zeit erneut ein Rennen zu fahren?

Henry Jacobi: Na ja, ich habs mit Humor genommen. Ich hab gesagt, ich gucke mal, ob da in der Rechts vielleicht noch ein paar Zähne liegen, haha. Aber im ernst, ich wollte mich so auch nicht in Teutschenthal verabschieden. Für alle, die da im Club sind und sich Mühe geben, war das bei der DM jetzt nochmal ein schöner Abschluss, zumal ich dort selbst Clubmitglied bin.

MXN: Wie sieht denn generell deine Motivation noch aus, Motorrad zu fahren?

Henry Jacobi: Zum Saisonende jetzt schon etwas weniger, aber ich mache mir da eigentlich jetzt schon keine Sorgen, dass die irgendwann doppelt und dreifach zurückkommt. 

MXN: Also ein Comeback ist jetzt schon nicht ganz ausgeschlossen?

Henry Jacobi: Ich kann auch nur ins Blaue schauen. Aber im Moment ist die Luft raus. Die letzten Jahre waren echt hart, mental und physisch. Verletzungstechnisch.

MXN: Was siehst du da persönlich als Stein des Anstoßes?

Henry Jacobi: Eigentlich fing es schon in der MX2 WM bei F&H an, da hab ich mir Kreuzband gerissen. Danach das Jahr war die Schulter ausgekugelt, dann das Schulterblatt gebrochen. Immer wieder war es von da an die linke Schulter, dieses Jahr dann wieder das Kreuzband. Ich bin Anfang des Jahres das letzte Mal joggen gewesen. Deswegen ist etwas die Luft raus. Das ist schon nicht leicht. Aber trotz allem. Wenn das Wetter schön ist und die Strecke schön ist, da mache ich mir keine Sorgen, dass ich Bock habe Motorrad zu fahren.

MXN: Das heißt, für dich ist Motocross nicht nur dein Job, sondern weiterhin dein Hobby?

Henry Jacobi: Auf jeden Fall! Es war noch nie mein Job, ich habe es wirklich nie als mein Job gesehen! Ich weiß, dass ich trainieren muss um erfolgreich zu sein um Geld zu verdienen. Aber ich habe noch nie etwas gemacht, was mir keinen Spaß gemacht hat. Manche Trainingsmethoden von anderen würde ich nicht mal machen, wenn mir jemand eine Garantie geben würde, dass ich dann gewinne.

MXN: Was passiert, wenn es dich der Spaß doch so packt, dass du wieder Rennen fahren willst?

Henry Jacobi: Tja, gute Frage. Dafür gibt es Beispiele, die offensichtlich nicht so klappen wie gedacht. Aber ich glaube, wenn ich mich einmal dran gewöhnt habe, werde ich nicht zurückkommen. Aber es wird nicht leicht sein. Das habe ich heute gemerkt und das werde ich am Sonntag merken. Aber es ist einfach an der Zeit. Ab 01.10. werde ich in unserem Familienbetrieb arbeiten.

MXN: Verständlich. Aber es ist schade, dass du demnächst als cooler Charakter im Fahrerlager fehlen wirst.

Henry Jacobi: Schon, aber ich stehe hinter der Entscheidung. Ich verstehe eigentlich auch, dass ich zu gut bin zum Aufhören. Aber durch die genannten Umstände ist es jetzt so. Es tut schon weh. Aber ja, wenn ich nicht mehr da bin, ists halt auch nicht mehr so cool, haha.

MXN: Genau das ist es. Was wird aus deinem MotoFlakes Podcast mit Tom Koch? Du bist doch nebenbei auch Entertainer… 

Henry Jacobi: Doch das wird schon weiter gehen. Ich werde da sicherlich auch mal wieder eine große Fresse haben und mich aufregen. Über alles. System, Fahrer. Sowohl beim GP als auch national. Es gibt vieles, was es zu diskutieren und zu ändern gibt. 

MXN: Was wäre denn bei den Masters dein Ansatz?

Henry Jacobi: Ich wäre ganz klar für Eintages-Veranstaltungen mit Main-Events. Vor allem für die Zuschauer. Die müssen das verstehen können. Ich weiß ja manchmal selbst nicht, wer Samstag gewonnen hat und wer mit wie vielen Punkten in den dritten Lauf geht. Da geht die Spannung verloren, weil keiner durchblickt. Es ist zu kompliziert. Mit einem Main Event wäre es ganz einfach: Wer das Rennen gewinnt, hat alles gewonnen. Wie beim Supercross. Aber trotzdem kann man es am Ende nicht allen recht machen.

Gut, dass zumindest Holzgerlingen am kommenden Wochenende auf jeden Fall eine Zweitages-Veranstaltung ist. Bekanntlich gibt es dort ein großes Festzelt, was sich sicherlich gut dafür eignet, dass alle Fans, Freunde und Leser dieses Interviews nochmal das ein oder andere Kaltgetränk auf dich und vielleicht auch mit dir anstoßen. Ansonsten trifft man dich sicherlich am Sarholz KTM Truck im Fahrerlager.

Henry, vielen Dank für deine Zeit! Wir wünschen dir einen erfolgreichen Saison- und Karriereabschluss in Holzgerlingen und hoffen dich auch Zukunft möglichst häufig auf und neben den Motocross-Strecken des Landes zu sehen.

Henry Jacobi: Ja, ich freue mich auf das Wochenende. Vielen Dank auch an meine Fans über all die Jahre. Wir sehen uns!

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