Haiden Deegan: Erst der Lambo, dann die Entschuldigung

Haiden Deegan mit der 250SX western Regional Meisterschaftstrophäe

Haiden Deegan mit der 250SX western Regional Meisterschaftstrophäe. / Foto: Feld Entertainment

Haiden Deegan sicherte sich beim vorletzten Rennen der AMA Supercross 250SX-Western Regional Meisterschaft in Denver auf spektakuläre und umstrittene Weise den Meistertitel. Mit einem aggressiven Überholmanöver zwei Runden vor Schluss schnappte er sich den Sieg von seinem Teamkollegen Cole Davies – und damit auch vorzeitig den Titel in der 250SX West-Klasse.

In seinem Interview nach dem Rennen mit Jason Thomas zeigte sich Deegan kämpferisch und provokant: „Mit zwei Runden noch wollte ich diesen Sieg – ich hätte alles dafür getan,“ sagte der 19-Jährige. „Das bedeutet mir viel, weil mir viele Leute nicht zugetraut haben, dass ich’s packe. Die meinten, ich sei nur Hype. Jetzt sind sie sauer, dass ich’s geschafft habe – damit müssen sie klarkommen. Und wenn’s ihnen nicht passt, können sie mich mal.“

Entschuldigung mit Beigeschmack

Die Aussagen lösten eine Welle der Kritik aus – von Fans, Medien und Offiziellen. Bereits am nächsten Tag veröffentlichte Deegan eine öffentliche Entschuldigung: „Ich möchte mich für meine Aussagen im Interview entschuldigen. Ich übernehme die volle Verantwortung – das war falsch. Ich schätze die Unterstützung meiner Fans sehr und möchte zeigen, dass ich aus meinen Fehlern lerne.“

Doch wie glaubwürdig diese Einsicht ist, bleibt umstritten. Denn statt die Wogen zu glätten, legte Deegan bei der offiziellen Pressekonferenz nach – und machte unmissverständlich klar, dass finanzielle Interessen eine große Rolle spielten: „So sehr ich auch mit Cole befreundet bin – wenn es ums Rennen geht und um 500.000 Dollar, für einen neuen Lambo, dann steht für mich einfach viel auf dem Spiel. Es waren nur noch zwei Runden. Wenn du gewinnen willst – und genau so wurde ich erzogen, um auf dem Dirtbike zu siegen – dann nehme ich die Chance, wenn sie da ist. Und er hat die Tür offen gelassen.“

Diese Aussagen lassen Zweifel an seiner nun veröffentlichten Entschuldigung aufkommen – sie wirkt dadurch weniger wie echte Reue und mehr wie ein taktischer Schritt angesichts des wachsenden öffentlichen Drucks. Statt Selbstreflexion vermittelte Deegan damit das Bild eines jungen Fahrers, der bereit ist, Freundschaft und Fairness dem persönlichen Vorteil unterzuordnen.

Offizielle Verwarnung durch die AMA

Wie ein Insider nun bestätigten, erhielt Deegan eine offizielle Verwarnung durch die AMA. Grund war nicht nur das aggressive Überholmanöver gegen Davies, sondern auch seine Aussagen im Anschluss. Demnach handelte es sich mutmaßlich um einen Verstoß gegen Punkt 2 des AMA-Verhaltenskodex: „Verbale Beschimpfung gegenüber Offiziellen, Medienvertretern oder Fans.“ Auch eine Geldstrafe stand offenbar im Raum.

Expertenmeinungen: Villopoto und Carmichael analysieren

Supercross-Legenden Ryan Villopoto und Ricky Carmichael analysierten die Ereignisse in ihrer gewohnten Deutlichkeit. Villopoto sagte: „Mir hat das, was ich gesehen habe, nicht gefallen … aber Cole hat die Tür komplett offen gelassen. Wenn es kein Teamkollege gewesen wäre, hätte ich mit dem Pass kein Problem.“ Er verwies auf den Druck vor dem Finale: „Da kann so viel schieflaufen.“

Carmichael ergänzte: „Ich befürworte so ein Fahren nicht – aber ich verstehe, was auf dem Spiel stand.“ Er sprach die Risiken an, wenn man auf das letzte Rennen spekuliert: „Du kannst dich verletzen, dein Bike kann ausfallen – nichts ist garantiert.“

Beide waren sich einig: Das Manöver war an der Grenze – aber unter normalen Umständen vertretbar. Die Tatsache, dass es den eigenen Teamkollegen traf, macht es jedoch problematisch.

Haiden Deegans Sieg in Denver brachte ihm den 250SX-Titel – doch der Weg dorthin war von Kontroversen geprägt. Zwischen jugendlicher Selbstsicherheit, sportlichem Ehrgeiz und dem wachsenden Druck im Rampenlicht muss sich der Yamaha-Pilot nun auch mit den Konsequenzen seiner Worte und Taten auseinandersetzen. Die Entschuldigung mag nach außen hin versöhnlich wirken – doch im Licht seiner vorherigen Aussagen über Geld und Luxus bleiben Zweifel an ihrer Tiefe.

Ob Deegan damit bereit für den Schritt in die 450er-Klasse ist, wird sich zeigen. Klar ist: In Sachen Performance überzeugt er – in Sachen Reife steht er noch am Anfang.