Dinge die ihr über eine hydraulische Kupplung wissen solltet

Hydraulische Kupplung (Brembo) an aktuellen KTM MX Bikes

Hydraulische Kupplung (Brembo) an aktuellen KTM MX Bikes / Foto: KTM

1. Das System

Die Grundelemente einer hydraulischen Kupplung sind den herkömmlichen Seilzugkupplungen ähnlich: Lamellen, Fasern und der Kupplungskorb bilden weiterhin das Herzstück dieses Systems. Der entscheidende Unterschied liegt im Mechanismus, der die Kupplungsscheiben auskuppelt.

Hydraulische Kupplungen haben die gleichen Lamellen, Fasern und den gleichen Kupplungskorb wie eine normale Seilzugkupplung. Der einzige Unterschied besteht in dem System, das die Kupplungsscheiben auskuppelt. Wenn der Kupplungshebel bei einer hydraulischen Kupplung gezogen wird, wird Flüssigkeit durch einen Schlauch nach unten gedrückt, um die Kupplungsscheiben zu trennen. Bei einer normalen Seilzugkupplung zieht der Hebel an einem Seil. Der Kupplungsbowdenzug ist mit einem Arm verbunden, der zum Trennen der Kupplungsscheiben verwendet wird.

2. Die Idee

Die Idee, hydraulische Kupplungen aufgrund ihres leichteren Einzugs zu implementieren, ermöglichte es KTM, steifere Kupplungsfedern zu verwenden. Diese Veränderung stärkte die Kupplung erheblich und verlieh ihr zusätzliches Drehmoment. Dies machte sich besonders in anspruchsvollen Fahrsituationen bemerkbar. Die leichtere Bedienung durch den hydraulischen Mechanismus verbesserte nicht nur die Performance, sondern sorgte auch für ein gleichmäßigeres Gefühl beim Kuppeln.

Ein weiterer entscheidender Vorteil liegt im vereinfachten Herstellungsprozess. Im Gegensatz zu seilbetätigten Kupplungen, die oft aufwändige Mechanismen erfordern, nutzt das hydraulische System von KTM einen Kupplungsnehmerzylinder und eine Schubstange, die sich geschützt innerhalb des Motors befinden. Dies vereinfacht nicht nur die Konstruktion, sondern minimiert auch das Risiko von Beschädigungen oder Störungen.

3. Wie funktioniert das System?

Sobald der Hebel angezogen wird, wird die Flüssigkeit komprimiert und Druck aufgebaut. Der erhöhte Druck sendet einen Flüssigkeitsimpuls durch den Schlauch zur Kupplungsnehmereinheit, wo die Flüssigkeit gegen einen Kolben im Inneren der Kupplungsnehmereinheit drückt, der wiederum gegen eine Stange drückt. Die Stange erstreckt sich von der linken Seite des Motors (Schalthebelseite) zur rechten Seite, wo sich der Kupplungskorb befindet. Die Stange wird in einen hutartigen Beschlag geschoben, der die Kupplung auskuppelt, indem er die Druckplatte von den Lamellen wegzieht.

4. Selbsteinstellend

Bei intensiver Nutzung und erhöhten Temperaturen neigen die Faserplatten von Kupplungen dazu, sich auszudehnen, was zu einer Verringerung des Abstands zwischen den Platten und einer Änderung des Ausrückpunkts führt. Dies ist ein häufiges Problem bei seilbetätigten Kupplungen. Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, müssen sie regelmäßig nachgestellt werden.

Im Gegensatz dazu bieten hydraulische Kupplungen einen entscheidenden Vorteil. Durch die Verwendung von Flüssigkeit als Übertragungsmedium stellen sie sich automatisch ein, so wird das ungewollte Kupplungsschleifen und somit erhöhter Verschleiß ausgeglichen, bzw. verhindert. Dies bedeutet, dass die Kupplungsscheiben sich nicht durch die auftretende Reibungswärme so stark ausdehnen und der Ausrückpunkt konstant bleibt. Das Ergebnis ist eine optimale Performance, ohne dass der Fahrer regelmäßig Anpassungen vornehmen muss.

5. Geschichte der hydraulischen Kupplungen im MX-Sektor

Im Jahr 1998 setzte KTM einen Meilenstein in der Welt des Motocross, indem das Unternehmen als Erster hydraulische Kupplungen in seine Motocross-Modelle einführte. Diese Innovation versprach nicht nur eine verbesserte Leistung, sondern ebnete auch den Weg für eine Veränderung in der Branche.

Bis zum Jahr 2000 hatte sich das hydraulische Kupplungssystem erfolgreich in allen großen Motocross-Motorrädern von KTM etabliert. Diese Technologie, die aufgrund ihrer Effizienz und Zuverlässigkeit an Fahrt gewann, wurde zum Markenzeichen der Marke und beeinflusste die Designentscheidungen anderer Hersteller.

Husqvarna, nach der Übernahme durch KTM im Jahr 2014, übernahm ebenfalls diese wegweisende Technologie. Durch die Verwendung hydraulischer Kupplungen von Magura konnte die Marke die Vorteile dieser fortschrittlichen Technologie nutzen und ihre Position in der Motocross-Welt weiter stärken.

Während die Einführung hydraulischer Kupplungen bei KTM und Husqvarna als Vorreiter galt, wagten sich nur wenige japanische Marken in den letzten Jahren in diese innovative Richtung. Kawasaki und Honda sind die Ausnahmen und haben auf hydraulische Kupplungen umgestellt, um von den Vorteilen dieser Technologie zu profitieren. Seit einigen Jahren werden an Bikes der KTM Gruppe nun Kupplungen von Brembo verbaut.

6. Probleme

Bei den Magura-Hauptnehmereinheiten der Husqvarna FC450 vor 2019 kam es zu Problemen mit der Dichtung am hydraulisch betätigten Stößel. Diese Dichtung neigte dazu, sich abzunutzen, was dazu führte, dass Flüssigkeit aus der Nehmereinheit austrat. Der resultierende Druckverlust im Inneren der Nehmereinheit hatte zur Folge, dass die Kupplung ohne Vorwarnung komplett ausstieg.

Bevor Magura Ende 2019 die Dichtung der Nehmereinheit überarbeitete, bestand die Lösung darin, eine Brembo-Nehmereinheit einzubauen. Diese Alternative erwies sich als passende Lösung, da sie nicht nur perfekt in das System integriert werden konnte, sondern auch über ein verbessertes Dichtungsdesign verfügte.

7. Wartung

Wenn Dein Bike trotz gezogener Kupplung nicht still steht, kann dies auf Probleme hinweisen, dass die Hydraulikflüssigkeit im System der Kupplung entweder abgenutzt ist oder Luftblasen enthält. Glücklicherweise kann dieses Problem mit ein paar einfachen Schritten behoben werden, indem die Kupplungshydraulik entlüftet wird.

Hier sind einige Tipps zur Selbsthilfe:

  1. Prüfe den Flüssigkeitsstand: Überprüfe den Flüssigkeitsstand im Hydraulikbehälter der Kupplung. Ein niedriger Flüssigkeitsstand kann zu Luftblasen im System führen.
  2. Entlüfte die Kupplung: Befolge die Anweisungen in Ihrer Betriebsanleitung, um die Kupplung zu entlüften. Dieser Prozess beinhaltet in der Regel das Absaugen von Luftblasen aus der Leitung zwischen dem Kupplungshebel und dem Hauptnehmerzylinder.
  3. Ersetze die Hydraulikflüssigkeit: Falls die Flüssigkeit alt oder abgenutzt ist, solltest Du sie durch frische Hydraulikflüssigkeit ersetzen. Achte darauf, die vom Hersteller empfohlene Flüssigkeit zu verwenden.
  4. Sorge für die korrekte Einstellung: Stelle sicher, dass die Kupplung richtig eingestellt ist. Überprüfe die Einstellungen gemäß den Anweisungen in Ihrer Betriebsanleitung.

8. Welche Flüssigkeit

Hier ist Vorsicht geboten, denn einige ältere Magura-Hydraulikkupplungssysteme nutzen Mineralöl anstelle von Bremsflüssigkeit. Wenn Bremsflüssigkeit in einem System verwendet wird, das für Mineralöl ausgelegt ist, führt die Bremsflüssigkeit dazu, dass die Dichtungen aufquellen und undicht werden. Je nachdem, welche Flüssigkeit verwendet wird, sind unterschiedliche Dichtungsmaterialien erforderlich. Die Zubehör Hymec-Kits von Magura erfordern das von Magura entwickelte Blood Hydraulic-Mineralöl.

Die Art der Flüssigkeit, die Dein Kupplungssystem benötigt, ist auf dem Deckel des Kupplungsgeberzylinders aufgedruckt. Wenn Dein Bike Bremsflüssigkeit benötigt, empfehlen wir Dot 4 oder Dot 5.1 mit hohem Siedepunkt. Bremsflüssigkeiten sind hygroskopisch, das heißt, sie ziehen Wasser an. Wenn Wasser die Flüssigkeit verunreinigt, siedet die Flüssigkeit bei niedrigeren Temperaturen, was die Wirksamkeit der Kupplung verringert und wir wieder zu Punkt 7 unserer Liste kommen.

9. Hymec-Kupplungssatz

Wenn Dein Bike nicht mit einer hydraulischen Kupplung ausgestattet ist, kannst Du diese möglicherweise mit dem hydraulischen Hymec-Kupplungssatz (Affiliate-Link) von Magura nachrüsten. Hymec steht für „hydraulisch aus mechanisch“. Die fehlende Master-Slave-Einheit an den Motorgehäusen, um die Schubstange zu betätigen umgeht das Magura Hymec-System, indem es einen hydraulischen Nehmerzylinder enthält, der außerhalb des Gehäuses verschraubt wird, um den Betätigungsarm zu bewegen, den der Kupplungszug früher gezogen hat.

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