Die Nerven im MXGP Paddock liegen blank

Die Husqvarna von Liam Owens nach dem MXGP Castilla la Mancha Anfang des Jahres.

Die Husqvarna von Liam Owens nach dem MXGP Castilla la Mancha Anfang des Jahres.

Die Stimmung im Fahrerlager ist angespannt. Doch es ist nicht etwa das Racing selbst oder der gewohnte Stress eines GP-Wochenendes, der für gereizte Gesichter sorgt – es ist der nahezu ununterbrochene Regen, der die MXGP-Saison 2025 bislang dominiert. Die Belastungsgrenze vieler Beteiligter scheint erreicht.

Das Offensichtliche

Natürlich ist Motocross ein Outdoor-Sport. Und ja, der Umgang mit Schlamm und widrigen Wetterbedingungen gehört zum täglichen Geschäft der MXGP. Niemand stellt in Frage, dass Fahrer, Teams und Mechaniker harte Typen sind. Es regnet? Dann wird es eben matschig – so ist das nun einmal. Und nein, das Wetter lässt sich nicht ändern. Dennoch ist der Frust inzwischen nicht mehr zu übersehen.

Kurz zur Statistik, aber umgekehrt

Anstatt alle nassen Grand-Prix-Stationen aufzuzählen, reicht inzwischen der Hinweis auf die einzigen beiden trockenen, der bereits zehn absolvierten Rennen: Sardinien und Arco/Pietramurata. Auf nahezu allen anderen Strecken hatten die Teams mit starken Regenfällen zu kämpfen, die entweder während des Wochenendes einsetzten oder die Bedingungen bereits im Vorfeld massiv beeinträchtigten. In vielen Fällen standen ganze Fahrerlager buchstäblich im Wasser. Spoiler: Der Regenradar für den MXGP in Lettland kreiselt fröhlich.

Welche Herausforderungen kommen auf die Teams und Veranstalter zu?

Die Herausforderungen sind vielfältig: Der Schlamm ist allgegenwärtig, die Temperaturen unangenehm nasskalt. Es wird immer schwieriger, die Trucks und das Material halbwegs sauber und einsatzfähig zu halten. Die Präsentation der Veranstaltungen gegenüber Sponsoren leidet erheblich – der Glanz eines Events fällt buchstäblich ins Wasser. Veranstalter bleiben auf nicht verkauften Tickets sitzen, da viele Fans sich bei solchen Bedingungen zweimal überlegen, ob sie den ganzen Tag im Regen verbringen wollen.

Welche Teile sind besonders betroffen?

Besonders betroffen sind typische Verschleißteile wie Ritzel und Ketten. Doch der feine, aggressive Schlamm arbeitet sich in jede noch so kleine Ritze – mit dramatischen Folgen: Die Motoren laufen im Grenzbereich, Überhitzung ist ein ständiges Risiko, da die Kühlung oft nicht mehr ausreichend funktioniert oder es kommt zu Problemen bei der Elektronik. Die Folge: teure Motorschäden. Inzwischen sind nicht nur kleinere Privatteams betroffen – selbst etablierte Topteams kämpfen mit den hohen Belastungen und finanziellen Folgen.

Guilliod startete nicht in Spanien, wechselte in die USA

Valentin Guilliod sorgte beim zweiten Lauf der MXGP für Aufsehen, als er – obwohl angereist – auf den Start verzichtete. Als Privatfahrer entschied sich der Schweizer gegen einen Renneinsatz unter diesen Bedingungen, da das Risiko eines gravierenden Schadens bei zweimal 30 Minuten plus zwei Runden schlicht zu hoch war. Stattdessen zieht es ihn nun in die USA, wo er neue Herausforderungen sucht – auch, weil dort mit stabilerem Wetter gerechnet werden kann und ein paar Münzen zu verdienen sind.

Meisterschaftsveränderung oder gar Verfälschung?

Der Einfluss des Wetters sorgt für ein völlig unberechenbares Meisterschaftsbild. Es ist wie russisches Roulette – der Unterschied zwischen null und 25 Punkten war selten schmaler. Die Diskussion um faire Rennbedingungen ist allgegenwärtig: Klar, es regnet für alle gleich. Aber die Wahrscheinlichkeit eines technischen Ausfalls oder die Beeinflussung durch überrundete Fahrersteigt signifikant. Wer profitiert? Die, die vom Pech der Konkurrenz leben. Wer verliert? Die, die realistische Titelchancen hatten.

Familie, Fahrer und Freunde

Besonders bei den Unterstützern – also Familienangehörigen, Freunden und freiwilligen Helfern – ist der Wunsch nach einem trockenen Rennen inzwischen übergroß. Ihre „ehrenamtliche“ Unterstützung wird durch die schwierigen Bedingungen auf eine harte Probe gestellt. Der Spaß, der auch Teil des Wochenendes sein sollte, bleibt dabei häufig auf der Strecke. Neben dem ganzen Stress am Wochenende, kommt noch eine halbe Kernsanierung aller Utensilien dazu.

Hondas Teammanager Marcus Pereira de Freitas gibt einen Einblick

Hondas Teammanager gab uns einen seltenen Einblick in die Gefühle eines doch von außen scheinbar völlig unantastbaren Werksteams. Bei „Back to Back“-Veranstaltungen stößt selbst ein Werksteam an seine logistischen Grenzen. Die Trucks können schlicht nicht mit unendlich vielen Ersatzteilen vollgepackt werden. Für viele Teams bedeutet das: Ein zusätzlicher Transporter muss losgeschickt werden, oft über mehrere tausend Kilometer hinweg, um das Bike für das nächste Rennen wieder einsatzbereit zu machen.

Mit Blick auf den kommenden Grand Prix von Lettland gibt de Freitas Meldung: „Leider sieht es so aus, als würde es wieder ein verregnetes Wochenende werden. Ich glaube, das gesamte Fahrerlager wünscht sich einfach nur ein trockenes Rennen, besonders nach den vielen aufeinanderfolgenden Rennen. Aber wir werden bereit sein, egal wie die Bedingungen sind.“

Seine Worte klingen kämpferisch – doch auch bei ihm scheint die Geduld, wie bei vielen anderen im Fahrerlager, bald am Ende zu sein.