Davide De Carli über Chancen, Risiken und Eindrücke aus Tensfeld

Davide DeCarli beim ADAC MX Masters Tensfeld mit WP-Fahrwerkstechniker und dem Werksmechaniker von Simon Längenfelder.
Beim ADAC MX Masters in Tensfeld sorgte der Start von WM-Pilot Simon Längenfelder für besonderes Aufsehen. Überraschend unterstützt wurde der deutsche Factory-Pilot dabei von Davide De Carli, Teamchef des italienischen Red Bull KTM Factory Racing Teams.
Im Interview spricht der DeCarli offen über die Entscheidung, seinen Schützling außerhalb der FIM Motocross-Weltmeisterschaft antreten zu lassen – und erklärt, warum Tensfeld mehr war als nur ein Gastspiel: eine strategisch sinnvolle Vorbereitung auf die kommenden Sand-GPs, ein wertvoller Testeinsatz mit technischem Fokus – und vor allem ein positives Erlebnis für das gesamte Team.
Zwischen Teamdynamik, Talentförderung und professioneller Rennplanung verrät de Carli, welche Eindrücke er aus dem ADAC MX Masters mitnimmt, warum nationale Serien international eine wichtige Rolle spielen – und ob ein weiterer Gaststart denkbar wäre.
Davide, es ist eher ungewöhnlich, dass ihr einen Fahrer eures Teams außerhalb der FIM Motocross-Weltmeisterschaft starten lasst. Wie kam es zu der Entscheidung, mit Simon Längenfelder beim ADAC MX Masters in Tensfeld an den Start zu gehen?
Normalerweise nehmen wir nicht an Rennen außerhalb der Weltmeisterschaft teil. Aber wenn sich eine gute Gelegenheit und der richtige Anlass ergeben, kann man auch mal eine Ausnahme machen. Simon hat mich gebeten, dieses Rennen zu fahren, und angesichts der bevorstehenden Sandrennen hielt ich es für eine gute Idee.
Für einen WM-Leader birgt ein Rennen außerhalb der MXGP-Serie ja auch immer ein gewisses Risiko – sei es in Bezug auf Verletzungen oder die generelle Belastung. Wie stehst du als Teamchef zu diesem Thema, und wie habt ihr diese Entscheidung gemeinsam abgewogen?
Wie bereits gesagt, haben wir die Entscheidung gemeinsam getroffen. Simon ist ein sehr intelligenter Fahrer und erkennt Risiken – das gibt mir ein gutes Gefühl. Natürlich besteht immer ein gewisses Risiko, denn es bleibt ein Rennen. Aber selbst beim Training mit vielen Fahrern auf der Strecke ist es nicht ungefährlich.
Du bist extra aus Italien angereist und hast sogar einen WP-Fahrwerkstechniker mitgebracht – ging es euch an diesem Wochenende vor allem darum, neue Setups zu testen und wertvolle Daten zu sammeln, oder was war euch an diesem Einsatz besonders wichtig?
Ja, wir haben bei dieser Gelegenheit ein paar Dinge ausprobiert – vor allem war es ein hervorragendes Training mit Blick auf die kommenden GPs.
Wie hast du die Strecke in Tensfeld als MXGP-erfahrener Teamchef wahrgenommen – war der Sandkurs eine gute Ergänzung zu Simons Trainings- und Rennprogramm?
Die Strecke war wirklich schön und sehr gut vorbereitet. Sie wurde durch die vielen Fahrer und Klassen schnell wellig und hat sich im Laufe des Tages stark verändert – genau das war ein ausgezeichnetes Training.
Für Simon war es ein Rennen vor heimischem Publikum – hast du gemerkt, dass ihn das zusätzlich motiviert oder vielleicht auch etwas unter Druck gesetzt hat?
Nein, er hatte kaum Druck – ganz im Gegenteil. Er war sehr glücklich und motiviert, vor seinem Heimpublikum zu fahren, denn das ist immer etwas Besonderes.
Wie hast du die Organisation, die Atmosphäre und das sportliche Niveau beim ADAC MX Masters insgesamt erlebt – gab es dabei Begegnungen oder Eindrücke, die dich besonders beeindruckt haben?
Wir hatten vorher noch nie an einem ADAC-Championat teilgenommen – und ich muss sagen, ich war wirklich positiv überrascht. Alles war sehr gut organisiert und strukturiert. Wir wurden auch sehr herzlich empfangen, fast so, als wären wir zu Hause – das ist immer schön. Die Atmosphäre war großartig, und ich war beeindruckt von der großen Zuschauerzahl bei einem nationalen deutschen Rennen. Das ist sehr wichtig für unseren Sport.
Als Teamchef mit internationalem Kalender: Wie wichtig ist es dir, auch über die eigene Meisterschaft hinauszuschauen – sei es für neue Eindrücke, für Teamentwicklung oder vielleicht sogar, um junge Talente zu entdecken?
Es ist immer gut, über den Tellerrand hinauszuschauen und offen für andere Wettbewerbe zu sein. Wie jedes Jahr haben wir auch hier die Möglichkeit, die 125cc- und die EMX250-Fahrer am selben Wochenende und Ort wie die WM-Piloten zu sehen. Das ist sehr hilfreich, weil man einen Einblick in die Zukunft bekommt.
Rückblickend auf Tensfeld: Was lief aus deiner Sicht sportlich besonders gut, und wo seht ihr noch Luft nach oben?
Ich denke, das Tensfeld-Wochenende war sehr positiv. Wir sind im Sand gefahren und zusammen mit den 450er-Jungs angetreten. Ich habe gesehen, dass Simon gut unterwegs war – das Fahren gegen die 450er verlangte ihm nochmal einen Extraschub ab, aber gleichzeitig ist er ohne Risiko gefahren. Wir nehmen viele positive Eindrücke von diesem Wochenende mit.
Abschließend, Davide: Können wir dich und Simon in diesem Jahr noch öfter bei ADAC MX Masters-Rennen sehen, oder war das eher eine einmalige Aktion?
Es wäre schön, noch an einem weiteren Rennen teilzunehmen – aber im Moment ist so etwas nicht in unserem Zeitplan vorgesehen. Aber … man soll ja niemals nie sagen!