Alt, wild und immer noch schneller als der Verstand
Alessio "Chicco" Chiodi (52) ist dreifacher Weltmeister und einer der inoch immer dem Motocross-Fieber verfallen ist. / Foto: Andy Pelling
Motocross gilt als Sport der Jugend – doch wer einmal den Geruch eines Zweitakters, Schweiß und Adrenalin erlebt hat, weiß: Richtig aufhören kann man nicht. Die Leidenschaft für den Rennsport überdauert jedes Jahrzehnt, und so wächst die Szene der sogenannten „Vets“ von Jahr zu Jahr. Überall trifft man Fahrer, die mit mehr Erfahrung als Explosivität unterwegs sind, aber mit derselben Begeisterung wie früher.
Wenn die Reflexe langsamer werden, aber die Freude bleibt
Im Fahrerlager der Ü40- oder Ü50-Klassen herrscht eine ganz besondere Stimmung. Hier geht es weniger um Weltmeistertitel als um Gemeinschaft, Spaß und das pure Gefühl, wieder am Start zu stehen. Viele dieser Fahrer wissen genau, dass sie nicht mehr die schnellsten sind – aber das ist längst nicht mehr der Punkt. Es geht darum, das zu tun, was man liebt. Und darum, den Tag auf zwei Rädern mit einem Lächeln zu beenden, statt mit einer Stoppuhr in der Hand.
Erfahrung statt Übermut
Während die jüngeren Piloten noch mit vollem Risiko über jeden Sprung jagen, gehen die Veteranen taktischer vor. Sie wissen, dass ein Rennen selten in der ersten Runde gewonnen, aber schnell verloren ist. Mit viel Erfahrung, sauberer Technik und einem guten Gefühl fürs Material beweisen sie, dass Cleverness manchmal mehr zählt als reine Kraft.
Auch wenn der Ehrgeiz noch immer groß ist – der Spaß steht im Vordergrund. Viele betrachten den Wettbewerb heute als persönliche Herausforderung, nicht mehr als Kampf um Ruhm oder Pokale.
Die goldene Generation auf modernen Bikes
Die meisten dieser Fahrer stammen aus einer Ära, in der man Motorräder noch mit Kickstarter startete, Startgummis statt Gates kannte und Baumwolltrikots zum Standard gehörten. Heute stehen sie wieder am Start – aber auf modernen Maschinen mit E-Startern, Aluminiumrahmen und Elektronik, die früher undenkbar war. Der Körper mag älter sein, doch das Gefühl, wenn das Gatter fällt, ist immer noch dasselbe.
Mehr Technik, weniger Tempo – aber unveränderte Leidenschaft
Viele Veteranen erfüllen sich heute Träume, die sie sich früher nicht leisten konnten. Die Bikes sind aufwendig aufgebaut, edel ausgestattet und oft kleine Kunstwerke. Auch wenn die Rundenzeiten etwas langsamer geworden sind, ist der Stolz auf das eigene Motorrad umso größer. Es zählt weniger, wer am schnellsten ist, sondern wer das schönste Bike, die beste Linie oder die größte Portion Leidenschaft mitbringt.
Die Seele des Sports
Die Veteranen sind längst mehr als nur Teilnehmer – sie sind das Rückgrat des Sports. Viele sind Mentoren für den Nachwuchs, unterstützen Clubs, organisieren Rennen oder schrauben in ihrer Freizeit an den Bikes der nächsten Generation. Sie verkörpern den ursprünglichen Geist des Motocross: Hingabe, Kameradschaft und die Freude am Fahren.
Motocross ist für sie kein Wettbewerb gegen andere, sondern ein Stück gelebte Identität. Sie wissen, dass Alter keine Bremse ist – höchstens ein zusätzlicher Gang.
Und wer die wildesten dieser alten Haudegen einmal live erleben möchte, sollte sich ein Rennen des „Veteranen Motocross der Nationen“ nicht entgehen lassen. Dort zeigt sich jedes Jahr aufs Neue, dass Erfahrung, Leidenschaft und eine ordentliche Portion Wahnsinn eine unschlagbare Kombination sind.
Leidenschaft kennt kein Verfallsdatum
Die Veteranen des Motocross zeigen eindrucksvoll, dass Begeisterung zeitlos ist. Sie fahren nicht, um jung zu bleiben – sie bleiben jung, weil sie fahren. Auch wenn die Knochen knacken und die Knie länger zum Aufwärmen brauchen: Der Spirit ist ungebrochen.
Motocross hört nicht auf, wenn man älter wird. Man wird nur älter, wenn man aufhört.
