Was macht eigentlich: Arminas Jasikonis?

Arminas Jasikonis beim MXGP von Lettland im Jahr 2021.

Arminas Jasikonis beim MXGP von Lettland im Jahr 2021.

Immer wieder stellt man sich nach dem Karriereende bekannter Motorsportler die gleiche Frage: Was macht eigentlich dieser oder jener Fahrer heute? Manche bleiben dem Sport erhalten, andere verschwinden scheinbar vollständig aus der Szene.

In der vergangenen Woche fiel mir ein Post von Arminas Jasikonis auf – dem ehemaligen MXGP Husqvarna-Factory-Piloten, der vielen Fans nicht nur durch sein Talent, sondern auch durch seine beeindruckende Statur im Fahrerlager in Erinnerung geblieben ist. Seit seinem letzten Grand Prix im Jahr 2023 ist es ruhiger um den Litauer geworden.

Doch was treibt er heute? Wie lebt jemand, der jahrelang im Mittelpunkt des internationalen Motocross-Geschehens stand, wenn plötzlich der Helm an den Nagel gehängt ist?

Wir haben bei Arminas Jasikonis nachgefragt – über das Leben nach der Karriere, neue Perspektiven, seine Arbeit mit jungen Fahrern und die Suche nach Leidenschaft jenseits des Profisports.

Arminas, du hast in deiner Karriere viel erlebt – große Teams, WM-Erfolge, aber auch den harten Alltag des Profisports. Wie fühlt es sich an, heute in einem ruhigeren, bodenständigeren Leben zu stehen?

Ganz ehrlich – es war wirklich eine Herausforderung. Ich habe ziemlich damit zu kämpfen, ein „normales“ Leben zu führen. Mein ganzes Leben lang stand ich im Mittelpunkt, alles um mich herum war darauf ausgerichtet, dass ich funktioniere und Leistung bringe. Jeder arbeitete für mich. Jetzt ist es genau umgekehrt – und das Gleichgewicht darin zu finden, war nicht leicht. Gleichzeitig tut es aber auch gut, endlich langsamer zu machen und das Leben in meinem eigenen Tempo zu leben.

    Auf deinem Profil beschreibst du dich als „ehemaliger Pro-Motocross-Fahrer, jetzt Trainer – auf der Suche nach Spaß und Leidenschaft im Alltag“. Was bedeutet dieses Motto für dich ganz persönlich?

    Die Ergebnisse blieben aus – das Potenzial war da, aber ich fand einfach keinen Frieden mit mir selbst. Ich will nicht sagen, dass ich ihn jetzt gefunden habe, aber ich bin auf dem Weg dorthin. Für mich bedeutet dieser Satz, wieder zu lernen, das Leben zu genießen und Leidenschaft ohne Druck zu empfinden. Ich jage immer noch demselben Feuer hinterher, nur auf eine andere, menschlichere Weise.

      Gab es einen Moment, in dem du gemerkt hast: Jetzt ist es Zeit, den Rennzirkus loszulassen und ein neues Kapitel zu beginnen?

      Es war kein einzelner Moment – eher ein Prozess. Nach meiner Kopfverletzung bin ich in eine tiefe Depression geraten. Ich wollte schrittweise Abstand gewinnen, aber aus einem kleinen Schritt wurde ein weiterer und noch einer, bis ich schließlich ganz mit dem Motocross abgeschlossen hatte. Ich erinnere mich noch gut an ein Gespräch mit meinem damaligen Manager Glen Dempsey – er sagte zu mir: „Das wird passieren. Wenn du anfängst, dich zurückzuziehen, wirst du sehen, dass du irgendwann ganz loslässt.“ Damals konnte ich das nicht glauben, aber heute verstehe ich genau, was er meinte.

        Du arbeitest inzwischen in Litauen mit jungen Talenten zusammen. Was reizt dich an dieser Aufgabe am meisten – das Weitergeben von Erfahrung oder das Begleiten ihrer Entwicklung auf und neben der Strecke?

        Momentan arbeite ich mit ein paar jungen Fahrern, auf die ich mich wirklich konzentriere. Das bedeutet mir unglaublich viel – ich habe ein großes Herz für diese Aufgabe. Ehrlich gesagt träume ich wahrscheinlich sogar mehr davon, dass sie erfolgreich werden, als sie selbst. Das ist meine Motivation jeden Tag.

          Wenn du mit Nachwuchsfahrern arbeitest: Versuchst du ihnen auch deine mentale Philosophie zu vermitteln – also, wie man Ehrgeiz mit Spaß am Fahren verbindet?

          Jedes Mal, wenn ich ihnen etwas erkläre, versetze ich mich in ihre Lage – ich frage mich, wie ich mich fühlen oder was ich tun würde. Meine Art zu coachen basiert also stark auf meiner eigenen Erfahrung und meinem Bauchgefühl. Es geht nicht nur um Technik, sondern auch darum, zu lernen, wie man denkt und mit Emotionen umgeht.

            Motocross war viele Jahre dein Lebensmittelpunkt. Wie hat sich dein Verhältnis zum Motorradfahren verändert, seit du nicht mehr um WM-Punkte kämpfst?

            Um ehrlich zu sein, fahre ich kaum noch selbst – vielleicht 20 Stunden im Jahr, letztes Jahr waren es wohl nur zwei. Ich habe einfach nicht mehr denselben Drang, selbst auf dem Motorrad zu sitzen. Es ist nicht so, dass ich die Liebe zum Fahren verloren hätte – ich bin nur in einem anderen Lebensabschnitt, in dem ich mich mehr auf andere konzentriere als auf mich selbst.

              Auf Instagram sieht man dich immer mal wieder beim Endurofahren. Ist das für dich ein neues Kapitel, eine Rückkehr zu deinen Wurzeln – oder einfach pure Leidenschaft fürs Fahren?

              Ich habe es versucht, aber ich glaube, das ist einfach nichts für mich. Im Moment möchte ich mich voll darauf konzentrieren, der bestmögliche Trainer zu sein. Dort fühlt sich meine Energie richtig an.

                Wie sieht ein typischer Tag im Leben von Arminas Jasikonis heute aus? Steht das Training noch im Mittelpunkt – oder genießt du auch mal bewusst die Freiheit, einfach nichts zu müssen?

                Ich habe etwa zwei Jahre lang kaum Sport gemacht, aber jetzt taste ich mich langsam wieder heran. Schritt für Schritt baue ich kleine Trainingseinheiten in meinen Alltag ein – und ja, das war dringend nötig, haha. Ich habe das Gefühl, dass ich nicht nur meinen Körper, sondern auch meinen Lebensrhythmus wieder aufbaue.

                  Du hast in deiner Karriere viel gesehen: Werksteams, internationale Strecken, unzählige Rennen. Welche Lektion aus dieser Zeit begleitet dich bis heute – auf oder abseits des Motorrads?

                  Disziplin – das ist das eine, was immer bleibt. Egal, wohin dich das Leben führt, Disziplin ist das, was dich weitermachen lässt, wenn alles andere schwer wird.

                    Und wenn du an die Zukunft denkst: Wo siehst du dich in zehn Jahren – weiter als Trainer, vielleicht mit einem eigenen Team, oder einfach irgendwo auf dem Motorrad, aus purem Spaß?

                    Coaching ist auf jeden Fall mein Hauptziel. Ein eigenes Team zu führen? Klar, warum nicht – ich würde mich dieser Herausforderung gerne stellen. Selbst fahren? Nur noch aus Spaß. Die Jahre voller Druck habe ich hinter mir; jetzt geht es darum, die Momente zu genießen, die wirklich zählen.