Jorge Prado – Die Suche nach dem fehlenden Puzzleteil
Jorge Prado beim Red Bull KTM SMX Team Shoot 2026. / Foto: Simon Cudby
Manchmal beginnt ein Neuanfang nicht mit einem Vertrag, sondern mit einem Gefühl. Jorge Prado beschreibt in seinem letzten YouTube-Video genau dieses diffuse „Da fehlt was“: gute Tracks, gute Leute – und trotzdem dieses permanente Off-Gefühl, das sich nicht abschütteln lässt. Kalifornien war richtig, aber eben nicht vollständig. Es funktionierte auf dem Papier, nicht aber im Bauch.
Über Monate hinweg stellte sich für ihn immer wieder dieselbe Frage: Warum fühlt sich das hier nicht wie der Ort an, an dem alles zusammenkommt? Und warum steht er so oft als einziger 450er auf dem Testtrack, während der Rest der Leistungsdichte ganz offensichtlich woanders trainiert?
Florida war dabei nicht einfach ein spontaner Gedanke, sondern eine Idee, die sich festsetzte. Mit dem Wissen, dass über 95 Prozent der 450SX-Fahrer an der Ostküste leben, wuchs der Eindruck, geografisch am falschen Ort zu sein – sportlich wie mental. Wenn man sich mit den Besten messen will, muss man dort sein, wo sie jeden Tag fahren.
Also Florida. Also Bakers Factory. Ein Test, ein Tapetenwechsel, ein bewusster Schritt raus aus der Komfortzone. Ein Ort, den Prado seit Jahren aus Videos kennt – und den er nun selbst erfahren wollte, nicht durch einen Bildschirm, sondern mit Staub im Helm und Puls am Limit.
Und genau hier wird es interessant. Denn dieser Text basiert nicht auf einem klassischen Presse-Statement, sondern klar auf Prados eigenem YouTube-Video. Umso auffälliger ist, dass ausgerechnet dort die Kommentarfunktion deaktiviert wurde – ungewöhnlich für Prado, der sonst den Austausch mit seiner Community zulässt.
Wenn Schweigen mehr sagt als Kommentare
Das Schweigen unter dem Video sagt plötzlich genauso viel wie das Video selbst. Der Grund dafür könnte im Upload davor liegen. Dort kippte der Ton in den Kommentaren merklich. Weniger Unterstützung, mehr Druck. Weniger Analyse, mehr Urteil. Begriffe wie „Quitter“, „No more excuses“ oder „Now we’ll see who’s exposed“ dominierten die Diskussion.
Es ging nicht mehr um Entwicklung, sondern um Schuldfragen. Nicht um Prozesse, sondern um Endurteile. Wer sich diesem Grundrauschen dauerhaft aussetzt, versteht schnell, warum man beim nächsten Kapitel lieber den Stecker zieht, bevor aus Diskussion ein Tribunal wird.
Zurück zur KTM-AG: Reset statt Rückschritt
Nach einer sportlich wie mental schwierigen Kawasaki-Phase ist Prado inzwischen wieder dort angekommen, wo seine Karriere lange verwurzelt war: im Umfeld der KTM-AG. Kein nostalgischer Rückfall, sondern ein bewusst gesetzter Reset.
Der Subtext seines Videos passt genau dazu. Weniger Nebengeräusche. Weniger Rechtfertigung. Mehr Fokus auf Rhythmus, Vertrauen und dieses schwer greifbare Gefühl, dass alles stimmt, wenn das Gate fällt. Florida ist dabei mehr als nur ein Trainingsstandort – es ist eine Richtungsentscheidung.
Prado klingt wie jemand, der nicht nur schneller werden will, sondern wieder ankommen möchte. Bei sich selbst, auf dem Bike, im Umfeld. Vielleicht ist genau das das fehlende Puzzleteil, nach dem er gesucht hat.
Nicht das nächste Hype-Video wird diese Geschichte schreiben, sondern die kommenden Wochen auf dem Motorrad. Ob Florida das neue Zuhause wird, ob Bakers Factory der Ort ist, an dem sich alles neu sortiert – das bleibt offen.
Only time will tell.
