Jeffrey Herlings über die Offseason und seine Ziele für 2026
Herlings Jeffrey befindet sich noch immer in der Offseason. / Foto: Ray Archer
Fünffach-Weltmeister Jeffrey Herlings hat beim Supercross Paris nicht nur zugeschaut, sondern sich auch Zeit für ein ausführliches Gespräch mit Paul Malin auf MXGP.tv genommen. Zwischen ehrlicher Selbstreflexion, einem Hauch Selbstironie und dem gewohnten Ehrgeiz gab „The Bullet“ spannende Einblicke in seine aktuelle Vorbereitung und seine Gedanken zum kommenden Jahr.
Zurück in Paris – und mittendrin im Geschehen
„Ich freue mich wirklich, wieder hier zu sein“, sagte Herlings über seine Rückkehr in die französische Hauptstadt. „Das letzte Mal war, glaube ich, vor drei Jahren. Es macht einfach Spaß – die Atmosphäre, das Publikum, der ganze Ablauf hier.“
Besonders lobte der Niederländer das kompakte Rennformat: „Kurze Pausen, kurze Rennen – das gefällt mir. Acht-Minuten-Motos sind perfekt. Da sieht man gut, wie sich die Strecke verändert, vor allem, wenn die Whoops langsam kaputtgehen.“
Während Malcolm Stewart am Samstagabend dominierte, war für Herlings klar, dass am Sonntag ein anderer den Ton angab: „Jett [Lawrence] war heute unglaublich. Gestern hat er eine Kollision mit Tom Vialle – ein Rennunfall – aber heute war er einfach super smooth.“
Winterruhe? Fehlanzeige – Herlings trainiert weiter
Auch wenn die neue MXGP-Saison noch Monate entfernt ist, gönnt sich Herlings keine Pause: „Es dauert noch rund drei Monate, bis wir wieder Rennen fahren, aber ich bleibe dran. Im Moment fahre ich nur locker, bleibe in Form. Testen beginnen wir dann im Januar.“
Warum erst im Januar? Der Vertrag mit seinem Noch-Arbeitgeber KTM läuft offiziell bis zum 31. Dezember 2025 – erst danach darf Herlings auf seiner neuen Honda Testfahrten absolvieren. Entsprechend wird auch die offizielle Bekanntgabe seines Wechsels zu HRC frühestens zu Beginn des neuen Jahres erwartet.
Ganz ohne Motivation falle ihm das Off-Season-Training allerdings schwer: „In dieser Jahreszeit ist es ein bisschen langweilig, weil man kein klares Ziel hat. Aber Rennen zu fahren, hilft mir. Das gibt mir einen mentalen Schub – ich fahre einfach gerne mehr Rennen als die Konkurrenz.“
Training, Disziplin – und ein bisschen Humor
„Normalerweise trainiere ich zwei- bis dreimal am Tag“, erklärt Herlings. „Im Moment halte ich das Pensum aber niedrig und mache nur eine Einheit täglich – eher mit geringem Puls, um die Basis zu halten. Ab Mitte Dezember steigere ich dann wieder das Tempo, und im Januar und Februar steht das Bootcamp an – das ist richtig hart. In dieser Phase arbeiten wir intensiv an Kondition, Kraft und Ausdauer, bevor die neue Saison startet.“
Mit einem Grinsen fügte er hinzu: „Unsere Saison ist jetzt einen Monat vorbei, also muss ich schon ein bisschen trainieren – sonst werde ich dick.“
Unterschiede zwischen Europa und den USA
Auf die Frage, ob er noch Kontakt zu Aldon Baker, dem bekannten US-Trainer, habe, erklärte Herlings: „Die arbeiten ganz anders. In den USA ist alles viel strukturierter – sie fahren, essen und schlafen immer an denselben Orten. Wir reisen nach Indonesien und essen bei McDonald’s, weil es dort das Einzige ist, was sicher ist. Das sind einfach zwei verschiedene Welten.“
Rückblick auf 2025 – Verletzungen, Rückkehr und Erfolge
„Dieses Jahr war schwierig“, gibt der KTM-Star offen zu. „Ich kam gerade von einer Kreuzbandverletzung zurück, dann brach ich mir das Schlüsselbein. Danach habe ich aber noch einige Grands Prix gewonnen und solide Ergebnisse eingefahren. Kein perfektes Jahr, aber okay.“
Warum kein Supercross?
Ein Wechsel in die USA stand für Herlings nie wirklich zur Debatte: „Damals war US-Supercross noch nicht so groß wie heute. Wenn du es machen willst, musst du jung gehen – so wie Ken Roczen. Man sieht ja bei Jorge Prado, wie schwierig es jetzt ist.“
Blick nach vorn – 2026 und der Traum vom sechsten Titel
Trotz wiederkehrender Verletzungen bleibt Herlings ehrgeizig: „Ich versuche es seit vier Jahren wieder, aber es klappt immer irgendetwas nicht. Trotzdem: Ich bin hochmotiviert. Ich weiß, ich werde nicht jünger, aber ich will noch einmal ganz oben stehen.“
Lieblingssiege und das Heimspiel in Assen
Gefragt nach seinen schönsten Momenten, muss Herlings nicht lange überlegen: „Mein allererster GP-Sieg mit 15 Jahren zuhause – das war besonders. Und natürlich 2018, als ich in Assen meinen Titel geholt habe, vor vollem Haus. Unvergesslich.“
MXoN 2027 in Assen – ein letztes Mal Oranje?
Zum Abschluss sprach Jeffrey Herlings noch über die Motocross of Nations 2027, das erneut in Assen stattfinden wird. „Der Sand dort ist nicht ganz wie unser typischer Eurosand, und 2019 war’s mit dem Regen fast schon ein See. Mit Glenn Coldenhoff im Ruhestand wird’s für uns schwieriger. Aber die Strecke ist perfekt für die Medien und Sponsoren – und wir Fahrer müssen eben das Beste draus machen. Vielleicht wird es ja mein letztes Nations.“
Jeffrey Herlings klingt ausgeglichen, ehrgeizig und reflektiert wie selten zuvor. Der Niederländer will 2026 wieder voll angreifen – und wenn der „Bullet“ gesund bleibt, könnte es ein Jahr werden, das in die Geschichtsbücher eingeht.
